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anna

Posted on 15.4.2021

Als "Klein, aber fein" könnte man "Frausein" von Mely Kiyak beschreiben - und diesem Buch damit in keinster Weise gerecht werden. Denn was die Autorin auf den knapp 130 Seiten in Worte fasst, ist so klug beobachtet und präzise gearbeitet, dass man jeden einzelnen Satz mehrmals lesen müsste, um den vollen Umfang des Textes zu erfassen. Dabei handelt es sich hier um keinen Roman - vielmehr ist es eine Aneinanderreihung von Analysen, von Beobachtungen und Dialogen. Manchmal etwas lose zusammenhängend, bildet ein Augeninfarkt die erzählerische Klammer für die Szenen. Die Ich-Erzählerin nimmt Gegenstände immer verschwommener wahr, bis sie das eigene Gesicht kaum mehr im Spiegel erkennen kann. Das lässt sie zurückblicken auf das eigene Erwachsenwerden, Frauwerden - vom Aufwachsen als Teil einer kurdischen Familie in Deutschland, ihrem sozialen Aufstieg, etwas Besonderes für die Verwandten aus dem anatolischen Dorf zu sein und gleichzeitig nicht mehr so recht dazu zu gehören. Aufrichtig, lebenslustig und manchmal poetisch bettet die Autorin dabei ganz persönliche Aspekte geschickt in den gesellschaftlichen Kontext ein und zeigt, dass einen die eigene Herkunft nur zum Teil ausmacht und man sich manchmal auch bewusst von ihr lösen muss. Im Vordergrund steht immer die Frage nach Selbstbestimmung abseits der Norm. Wer ist man und wer will man sein, wenn man den öffentlichen Blick überwindet und zurückbleibt mit sich selbst? Wenn man sich loslöst von den Erwartungen anderer? Definitiv eine große Empfehlung meinerseits und ein Buch, das ich noch viele Male zur Hand nehmen werde!

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