Dark Rose
Ein Buch, das einem die rosarote Brille von der Nase reißt Der amerikanische Ex-Präsident Turner wird in Athen verhaftet und einem Gericht vorgeführt, das entscheiden muss, ob er dem ICC in Den Haag überstellt wird oder nicht. Tuner ist sich keiner Schuld bewusst. Die engagierte junge Anwältin Dana Marin könnte nicht überzeugter vom Gegenteil sein. Der amtierende US-Präsident steckt mitten im Wahlkampf und will nur eins: seine Wiederwahl retten, egal wie. Ein Whistleblower muss plötzlich um sein Leben fürchten und sich entscheiden, Wahrheit und Lebensgefahr oder Schweigen und Sicherheit? Aber kann überhaupt jemand sicher sein in einer Welt, in der die Mächtigen Kriegsverbrechen noch und nöcher begehen, ohne dafür jemals zur Rechenschaft gezogen zu werden? Dieses Buch ist unbequem. Es öffnet einem die Augen – so sie denn noch verschlossen gewesen waren – und konfrontiert einen mit all dem, das man eigentlich am liebsten ignorieren will. Seien wir mal ehrlich, ja, wir sind empört, wenn wir von den Taten hören, die in diesem Buch begangen werden, aber tun wir etwas dagegen? Demonstrieren wir? Informieren wir uns? Oder zucken wir letztlich doch nur die Achseln und richten unseren Fokus lieber auf unsere eigenen Probleme? Wenn wir ganz ehrlich sind, tragen wir alle noch eine rosarote Brille und wollen sie auch gar nicht absetzen. Wir reden uns ein, dass es so etwas wie Gerechtigkeit gibt und das sie siegen wird. Egal, wie oft wir mitbekommen, dass es nicht so ist. Wir blenden es aus. Es wäre zu deprimierend es nicht zu tun. Genau hier setzt dieses Buch an. Es führt uns all diese Missverständnisse geradezu brutal vor Augen. Es zwingt uns hinzusehen, unseren Kopf zu benutzen. Die Reaktionen auf die Verhaftung des Ex-Präsidenten sind, wenn wir ehrlich sind, nicht überraschend. Dem amtierenden Präsidenten geht es nur um seine Wiederwahl, die EU kann und will sich nicht einigen und keines der Mitgliedsstaaten will es sich mit den USA verscherzen. Die Politik übt Druck aus wo es nur möglich ist, sieht weg, wann immer es geht und hofft im Prinzip, dass sich alles in Luft auflöst oder zumindest nicht zu ihnen zurückverfolgt werden kann. Die „kleinen Leute“ geraten dabei unter die Räder. Sie werden öffentlich durch Rufmordkampagnen fertig gemacht, diffamiert, bloßgestellt. Sie kann man ja über die Klinge springen lassen, kümmert doch keinen. Es ist ungerecht, es ist kriminell und gegen das Gesetz, aber es ist nur ein „kleines Licht“, das macht vielleicht einen Tag lang Schlagzeilen, dann ist es vergessen. Stichwort: Kollateralschäden. Ich fand die zahlreichen Charaktere nicht unsympathisch, vor allem Dana mochte ich sehr. Allerdings springt das Buch ständig zwischen den Charakteren hin und her, auch mehrmals mitten im Kapitel, ohne Vorwarnung. Ich musste da oft echt aufpassen, um nicht den Überblick zu verlieren. Klar steigert das, wie auch die kurzen Kapitel, die Lesegeschwindigkeit und lässt einen die Bedrohung und die Gefahr ganz anders spüren, aber es verwirrt eben manchmal auch. Für die Geschichte waren die Sprünge und die vielen Perspektiven wichtig, aber ich hätte es schöner gefunden, wenn die Namen über den jeweiligen Teilen gestanden hätten zur Orientierung. Fazit: Dieses Buch liefert eine sehr zynische, aber leider auch realistische Darstellung unserer politischen Welt, wie sie wirklich ist. Es ist erschreckend. Niemand will das eigentlich wirklich so klar vor Augen geführt bekommen, weil es sämtliche Illusionen zerstört. Aber genau so läuft das, so läuft es immer. Ich fand das Buch echt sehr gut und es war definitiv nicht mein letztes des Autors. Allerdings haben mich die vielen schnellen Perspektivwechsel immer wieder verwirrt und ich musste manchmal eine Stelle öfter lesen, bis ich verstanden hatte, bei wem ich denn jetzt wieder gelandet war. Das halboffene Ende passte für mich sehr gut zum Buch und hat in meinen Augen die Message noch zusätzlich verstärkt. Insgesamt hat mir das Buch aber wirklich sehr gut gefallen, daher bekommt es von mir 4 Sterne.