letterrausch
Man stecke einen hard-boiled detective mit Drogen- und Alkoholproblem, einem losen Mundwerk, schnellen Fäusten und einer dunklen Vergangenheit in ein Fantasysetting und schicke ihn auf die Suche nach einem vermissten Vampir. Autor Luke Arnold hat genau das ausprobiert und herausgekommen ist „Der letzte Held von Sunder City“, eine spannende und unterhaltsame Lektüre mit kleinen Abstrichen in der B-Note. Sunder City ist ein heruntergekommener Moloch, doch das war nicht immer so. Vor gar nicht allzu langer Zeit brummte die Metropole, weil magische Feuer unter der Stadt Zwergenfabriken anheizten, die Wohnungen der Stadt wärmten und allerlei Glücksritter anzogen. Es gab magisch betriebene Autos, magisch betriebene Geräte und eine magisch betriebene Straßenbeleuchtung. Mittlerweile jedoch ist durch einen Krieg mit den Menschen die Magie verschwunden – sowohl aus der Stadt als auch aus ihren Bewohnern. Unsterbliche Elfen altern plötzlich, Vampiren fallen die Fangzähne aus und Wertiere stecken irgendwo zwischen Mensch und Hund fest. Und in dieser Stadt auf dem absteigenden Ast treibt sich der Held dieses Romans, Fetch Phillips, herum und verdingt sich als Mann für alles. Meistens hat er einen Kater oder arbeitet zumindest sehr zielgerichtet daran, einen zu bekommen. Außerdem hat ihn eine alte Kriegsverletzung in die Medikamentenabhängigkeit getrieben. Aufgrund seiner Vergangenheit (die hier nicht verraten sein soll) kennt er Hinz und Kunz, doch weder Hinz noch Kunz sind besonders gut auf ihn zu sprechen. So wird ihm mit schöner Regelmäßigkeit das Gesicht eingeschlagen und er muss ordentlich einstecken, bevor er das Rätsel um den verschwundenen Vampir lösen kann. Der Erstling von Luke Arnold (eigentlich Schauspieler) lebt von zwei Dingen: Erstens der Erzählstimme von Fetch Phillips, die den Ton alter Detektivgeschichte herrlich knackig ins 21. Jahrhundert transportiert. Fetch, der den Leser von Zeit zu Zeit auch direkt anspricht, kommentiert, was ihm so passiert mit böser Zunge und ziemlich wilden Vergleichen. Wenn man ein Faible für den Detektiv Marke heruntergekommenes Büro und immer einen Whisky in der Hand hat, dann wird man hier unbedingt fündig. Zweitens das Worldbuilding. Sunder City ist das New York der 30er Jahre, nur eben mit magischer Vergangenheit. Die Ecken sind dunkel, die Wohnungen schäbig und die Spelunken zahlreich. Kurzum, die Stadt passt perfekt zu ihrem Ermittler und umgekehrt! An dieser Stelle sollte vielleicht angemerkt werden, dass die Erklärungen für den Leser, um was für eine Welt es sich hier handelt, nicht immer passgenau in die Handlung eingefügt sind und diese manchmal auch ausbremsen. Klar, der Autor muss dem Leser erstmal erklären, welche Regeln in seiner Welt gelten, aber das funktioniert hier mal mehr und mal weniger gut. Etwas weniger Exposition wäre eventuell mehr gewesen, vor allem, weil es sich um eine Romanreihe handelt. Da hätte sich Arnold durchaus noch ein bisschen für den Folgeband aufsparen können. Davon abgesehen lässt sich „Der letzte Held von Sunder City“ gut lesen, vor allem wen man Fan von Geschichten aus der goldenen Zeit des Detektivromans ist und gleichzeitig Urban Fantasy mag. Luke Arnold ist hier ein wirklich tragfähiger Mix aus beiden Genres gelungen und er hat einen Helden geschaffen, der trotz seiner ganzen Klischees eine handfeste Figur ist und nicht langweilt. Ihm zur Seite stellt er schillernde exmagische Figuren, die ihm mal weiterhelfen und ihn mal in die Gosse stoßen – von denen aber in jedem Fall anzunehmen ist, dass sie auch in Zukunft eine Rolle spielen werden. Zumindest hat Arnold genügend Charaktere auf seinem Schachbrett platziert, um auch für zukünftige Romane Stoff parat zu haben. Ich werde dann auf jeden Fall wieder dabei sein.