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Ursprünglich von Daniel Keyes als Kurzgeschichte verfasst, wurde Blumen für Algernon von dem Autor 1966 zu einem Roman vervollständigt und mit dem Nebula Award ausgezeichnet. Im Zentrum der Handlung steht der geistig zurückgebliebene Charlie Gordon. Mit seinen 32 Jahren ist er kaum des Lesens mächtig, verfügt lediglich über einen IQ von 68, wünscht sich aber nichts mehr als genauso intelligent zu sein wie seine Kollegen bei der Bäckerei, in der er Hilfsarbeiten verrichtet. Eines Tages darf Charlie an einem besonderen Experiment teilnehmen – durch einen Gehirneingriff soll seine Intelligenz drastisch erhöht werden. Was zuvor bei der Maus Algernon erfolgreich geglückt ist, scheint auch bei Charlie zu funktionieren. Innerhalb kürzester Zeit beherrscht er 20 Sprachen, komponiert Klavierkonzerte und ist den Professoren in vielen naturwissenschaftlichen Themen weit überlegen. Doch dann machen sich Veränderungen in Algernons Verhaltensweise bemerkbar und Charlie fürchtet, dass das Experiment sich in eine unerwartete Richtung entwickelt. Der Roman umfasst einen Zeitraum von knapp 10 Monaten eines nicht näher bestimmten Jahres und präsentiert sich als eine Sammlung von Fortschrittsberichten, die im Zuge des Experiments von Charlie selbst geschrieben werden. Daniel Keyes gelingt mit Hilfe dieses Stilmittels, Charlies geistige und persönliche Entwicklung anhand der Rechtschreibung und Wortwahl unglaublich anschaulich und eindringlich rüberzubringen. In seine Berichte eingebettet sind immer wieder Bruchstücke seiner Vergangenheit und Erinnerungen an seine Kindheit, die er nun in einem völlig anderen Licht sieht. Dies und die Erkenntnis, dass die Leute, die er für seine Freunde hielt, ihn nie als gleichwertigen Menschen wahrgenommen haben, erschüttern ihn und sein Verständnis von dem menschlichen Sein zutiefst. Je intelligenter Sie werden, desto mehr Probleme werden Sie haben, Charlie. Ihr intellektuelles Wachstum wird Ihr emotionelles Wachstum überflügeln. Tatsächlich fällt es Charlie sehr schwer, auch als Persönlichkeit mit seinem Geist Schritt zu halten und zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen, weshalb er sich zunehmend einsamer fühlt. Die Diskrepanz zwischen Verstand und Gefühl wird hier besonders anschaulich, denn während sich Charlie am Anfang des Romans als gutherziger und warmherziger junger Mann präsentiert, entwickelt er sich mit seiner steigenden Intelligenz immer mehr zu einem kühlen und arroganten Menschen. Je mehr er über die Menschheit versteht, desto mehr zieht er sich davon zurück. Keyes hat mit diesem Roman ein großartiges Meisterwerk erschaffen, das bis heute nichts an Aktualität eingebüßt hat. Blumen für Algernon ist Sozial- und Gesellschaftskritik in einem. Es ist ein Buch über den Wert eines Individuums und die Bedeutung der Menschlichkeit. Es berührt, erschüttert und versteht es, einen über die eigentliche Lektüre hinaus zu prägen. Ein Roman, den absolut jeder gelesen haben muss und der ohne Frage zu meinen Allzeitfavoriten zählt!