Letterloves Bücherwunderland
Was haben eine Meisterdiebin, der Hauptmann der Wasserwacht, ein Magier und ein sprechender Schlüssel gemeinsam? Gar nichts? Richtig! Zumindest fast, denn die Vier sind Protagonisten in diesem genialen, aber auch teilweise sehr komplizierten Fantasy-Spektakel von Robert Jackson Bennett. Das Buch bildet den Auftakt einer Trilogie, deren Magiesystem mich gleichermaßen fasziniert wir irritiert hat. Ich hatte stellenweise wirklich Mühe den Ausführungen zu folgen. Hat man es aber einmal durchschaut, erschließt sich einem die Genialität und Einzigartigkeit. Bevor ich näher auf das Magiesystem eingehe, möchte ich ein paar Worte zur Handlung fallen lassen. Wir befinden uns in der Stadt Tevanne, welche in Campos eingeteilt ist und von den vier Handelshäusern Dandolo, Morsini, Michiel und Candiano beherrscht wird. Neben den betuchten Campos gibt es auch die ärmeren Viertel wie Gründermark, welchem Protagonistin Sancia entstammt. Sancia verdient sich ihren Unterhalt als Diebin. Bei einem ihrer, ich nenne es mal Feldzüge, gelangt ein wahrer Schatz namens Clef in ihre Hände. Clef ist ein magischer Schlüssel, der alle Schlösser öffnen kann. Das ist aber nicht das einzig besondere, denn Clef kann auch sprechen. Kein Wunder also, dass plötzlich sämtliche Handelshäuser hinter Sancia her sind, denn alle wollen das uralte und mächtige Artefakt für sich haben. Um zu überleben, braucht Sancia Verbündete. Und diese findet sie ausgerechnet in alten Widersachern wieder. Der Plot ist wie gesagt recht einfach, besticht allerdings mit einigen rasanten Szenen, überraschenden Wendungen und unglaublich viel Humor. Die wahnsinnig witzigen Dialoge, vorallem zwischen Sancia und Clef, sind unter anderem auch einer der Punkte, die mir am besten gefallen haben. Dass ein sprechender Schlüssel einer der Protagonisten ist, ist ja an sich schon irgendwie bizarr und komisch. Was er dann aber so von sich gibt, hat mich teilweise Tränen lachen lassen. Ich muss echt sagen, dass Clef mein Held dieser Geschichte ist. Er lässt Sancia richtig blass erscheinen und dabei ist sie mitnichten eine schwache Figur. Sancia war mir von Anfang an ziemlich sympathisch mit ihrer frischen und bissigen Art. Ihre persönliche Geschichte, die im Laufe des Buches aufgedeckt wird, ist wahnsinnig spannend, aber auch sehr ergreifend und erschreckend. Sancia und Clef sind wirklich zwei außergewöhnliche Protagonisten in einer Welt, die mit einem ungewöhnlichen und sehr innovativen Magiesystem glänzt. Das Magiesystem war für mich tatsächlich Fluch und Segen zugleich. Es ist unheimlich komplex, erfordert viel Vorstellungskraft und bietet schier unendliche Möglichkeiten. Am Anfang hat es mir wirklich Kopfzerbrechen bereitet, weil es mir einfach viel zu kompliziert erschienen ist. Nach und nach hat sich, dank der zahlreichen Erklärungen des Autors, der Nebel gelichtet und ich denke, dass ich es nun im Großen und Ganzen erfasst habe. Ich versuche es mal ganz einfach zu erklären. Die Magie in Tevanne basiert auf Sigillen und Skriben. Jeder Gegenstand ist mit Sigillen, einer eigenen Sprache, versehen, welche ihm quasi seine Funktion erklären. So kann man zum Beispiel einem Holzbalken "befehlen" wie Stahl oder Stein zu sein oder Rädern "sagen" bergauf zu rollen. Die Möglichkeiten und Chancen, die sich hier bieten, sind wirklich fast unendlich. Es lassen sich zum Beispiel unglaublich starke Waffen erzeugen oder die Schwerkraft aussetzen. Nur bei Menschen haben die Skriben bislang versagt. Und das ist auch der grausame Teil der Geschichte, denn es ist nicht so, dass nicht versucht worden wäre Menschen zu skribieren. Sancia kann dazu einiges erzählen. Von der Folter und den unendlichen Qualen, die auch sie erleiden musste. Doch Sancia hat es geschafft diesen Teil ihres Lebens hinter sich zu lassen. Einzig ihre Gabe mit Dingen zu kommunizieren, erinnert noch daran und diese ist zugleich auch der Grund, dass Sancia so eine talentierte Diebin ist. Mir hat das Buch nach anfänglicher Skepsis wirklich gut gefallen und ich bin froh, dass ich durchgehalten habe. Robert Jackson Bennetts Erzählstil macht es einem aber zum Glück sehr leicht. Er schreibt sehr einnehmend und fesselnd und ich liebe wie gesagt seine humorvollen Dialoge. Den einzigen kleinen Kritikpunkt, den ich dann doch habe, ist, dass der Autor sich gerne in Wiederholungen verliert. Er beschreibt immer wieder und jedes Mal aufs Neue wie die Skriben und Sigillen funktionieren und was sie tun. Was am Anfang fürs Verständnis gut war, war später nur mehr lästig. Es wurden dadurch leider einige Längen erzeugt, die man hätte vermeiden können. Fazit Der Schlüssel der Magie - Die Diebin ist ein genialer Reihenauftakt, der mit außergewöhnlichen Protagonisten, humorvollen Dialogen, einer rasanten Storyline und einem unglaublich faszinierenden, aber ein wenig komplizierten Magiesystem glänzt. Robert Jackson Bennett hat einen starken ersten Teil zu Papier gebracht und ich freue mich schon sehr auf die beiden Fortsetzungen. Von mir gibt's eine klare Leseempfehlung.