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gwyn

Posted on 9.4.2021

«Im Leben geht es nicht nur ums Atmen. Es geht auch darum, atemlos zu sein.» Was fällt mir bei Hitchcock sofort ein? «Die Vögel», «Psycho», «Bei Anruf Mord», «Das Fenster zum Hof», «Über den Dächern von Nizza» – aber das sind im Prinzip späte Werke. Und wer war Hitchcock als Mensch? Diese Comic-Biografie gibt über Werk und die Person des Regisseurs eine gute Einsicht, sehr passend als Graphic Novel, denn der Meister des Suspense sprach am liebsten in Bildern. Dieser erste Teil handelt von Hitchcocks Aufstieg als Regisseur in Großbritannien, seinem Durchbruch noch in der Stummfilmzeit. Der zweite Teil wird ab seiner Übersiedlung bei Weltkriegsanfang in die USA handeln. Die Graphic Novel beginnt als Einstimmung in den Kinosälen der Welt, in denen das Publikum «Psycho» schaut. «Hitch», wie man ihn nannte, sitzt mit Schauspieler Cray Grant in einem Restaurant, plaudert über sein Leben. Später kommt Grace Kelly dazu, man dreht gerade «Über den Dächern von Nizza». «Hitch» war ein dickes, einsames Kind, ziemlich verängstigt. Vielleicht entwickelten sich seine Ängste, als seine Eltern einen Spaziergang machten, während Alfred Mittagsschlaf hielt. Zu früh aufgewacht, völlig allein im Haus, befällt ihn die höllische Angst, allein zurückgelassen zu sein. Seine Beklemmnis kompensierte er, indem er den Sonntagsbraten ganz allein aufisst. Irgendwann hat ihn der Vater zur Strafe einmal bei der Polizei in eine Zelle einsperren lassen; nur für fünf Minuten, aber ein nachhaltiges Erlebnis. Der Vater verstirbt früh und der Einzelgänger Alfred entwickelte ein etwas ungesundes Verhältnis zu seiner Mutter. Hitchcock ist ein Arbeitstier. In seine spätere Frau Alma verliebte er sich früh, aber damals hatte sie als Cutterin einen höherdotierteren Job als er. Er macht ihr erst dann einen Heiratsantrag, als er den besseren Job hat als sie, mehr verdient als sie. Der Weg zum Ruhm ist ein steiniger Weg, in der Anfangsphase muss «Hitch» immer wieder Auftragsarbeiten erledigen, sich anpassen, bis er endlich seine eigene Handschrift durchsetzen kann. Der Master of Suspense, wie man ihn nannte, schrieb Filmgeschichte mit seinen Einstellungen: Lasst die Bilder erzählen, so seine Maxime. Er transportierte seine eigenen Ängste in die Filmwelt, arbeitete hart, war ein Perfektionist und er verlangte dies auch von seinem Team. Hitchcock war aber auch als Scherzbold bekannt, jemand, der seine Schauspieler und Produzenten mit derben Späßen bedachte, die er sich auch etwas kosten ließ. Ein angenehmer Zeitgenosse war er sicher nicht, wie viele Genies. «Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf, Mr. Keen. Folgen Sie einfach meinen Anweisungen.› ‹Es ist unmöglich.› «Doch es ist möglich - weil ich es so will.» Autor Noël Simsolo und Illustrator Dominique Hé geben mit dieser Graphic Novel einen guten Einblick in die Person Alfred Hitchcocks. Grautönige Zeichnungen, entsprechend der Zeit des Schwarzweißfilms, Charakterzeichnungen, die den Betrachter sofort die Persönlichkeit der Figur aufblättern, machen den Comic zum Lesegenuss. Am Ende ist eine Liste aller Werke des Regisseurs angehängt – und sie ist lang. Wer war die geniale Alfred Hitchcock? Das Buch ist nicht nur Filmgeschichte und eine Hommage an Hitchcocks wichtigsten Werke. Ich freue mich auf den zweiten Teil! Dominique Hé studierte zunächst Agrarwissenschaften, bevor er auf Comics umschwenkte. Seine ersten Stories brachte er ab 1973 in der Zeitschrift Pilote unter und ab 1976 bei Rock & Folk sowie Métal Hurlant (Schwermetall). Im Lauf der Jahre arbeitete Hé mit zahlreichen bekannten Comic-Schaffenden wie Jean Giraud, Patrick Cothias und Serge Le Tendre für diverse große Verlage und Zeitschriften in Frankreich, darunter Les Humanoïdes Associés, Glénat, Dargaud, Hachette und auch den Louvret. Er lebt in Paris. Noël Simsolo ist ein französischer Regisseur, Drehbuchautor, Filmhistoriker und Romancier. Er ist vor allem für die Edgar Flanders-Reihe sowie Interviews mit Sergio Leone bekannt. 2004 erschien mit Ne touchez à rien sein erstes Comicalbum. Inzwischen hat Simsolo beim französischen Verlag Glénat eine ganze Reihe vornehmlich historischer Comics vorgelegt, unter anderem über Napoleon Bonaparte und Marie Antoinette. In der Kollektion 9 1/2, die ebenfalls von Glénat verlegt wird, widmet er sich großen Persönlichkeiten der Filmgeschichte wie Sacha Guitry, Sergio Leone oder Alfred Hitchcock.

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