Dreamworx
"Die Bande der Liebe werden mit dem Tod nicht durchschnitten." (Thomas Mann) Der Tod seiner Ehefrau Becca hat Jack für lange Zeit in ein tiefes Loch fallen lassen. Doch durch die Begegnung mit Flora ein Jahr später sieht er endlich wieder Licht am Ende des dunklen Tunnels. Flora dagegen steht vor großen Herausforderungen, denn sie hat mit Jack nicht nur eine neue Liebe gefunden, sondern hat es sich zur Herzensaufgabe gemacht, auch für seine Töchter Molly und Izzy eine Bezugsperson zu werden, doch die heißen sie nicht gerade herzlich willkommen. Vor allem die Älteste, Izzy, trauert noch sehr um ihre Mutter und will Flora so gar keine Chance geben. Aber auch Beccas beste Freundin Clare hat so ihre Vorbehalte gegenüber Flora. Als Jack mit seinen Töchtern wieder für den Sommerurlaub bei Claire und ihrem Mann im Lake District anreist, bringt er auch Flora mit… Sarah Morgan hat mit „Sommerleuchten am See“ einen tiefgründigen und feinfühligen Unterhaltungsroman vorgelegt, der nicht nur drei starke Frauen zu Wort kommen lässt, sondern auch mit einer großen Bandbreite an Emotionen punktet. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser gemeinsam mit Flora, Jack und den Töchtern zu Clare in die englische Grafschaft Cumbria reisen, um dort am malerischen Lake District die Ferien zu verbringen und gleichzeitig der Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten auf den Grund zu gehen. Über wechselnde Perspektiven begibt sich der Leser mal in die Fußstapfen von Flora, mal von Clare und mal von Izzy und erlebt dabei die unterschiedlichen Sichtweisen der drei Frauen und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen zu ihrem Umfeld. Interessant zu beobachten ist dabei, dass sich in der Geschichte nicht nur ein Geheimnis versteckt, sondern es mehrere gibt, die sich nach und nach offenbaren. Morgans großes Talent ist, die Emotionen ihrer Protagonisten wunderbar in Worte zu kleiden, sodass der Leser sie gut nachvollziehen kann und regelrecht an den Seiten klebt, um nur keine Nuance zu verpassen. Themen wie Verlust, Trauerbewältigung, Familienzusammenhalt, aber auch Neubeginn und Freundschaft greifen ineinander und werden innerhalb der Geschichte verarbeitet. Flora kann einem geradezu leidtun, denn für den Mann, den sie liebt, muss sie es mit einer Frau aufnehmen, die sie nie kennengelernt hat und die bei vielen eine große Lücke hinterließ. Jeder hat seine Erfahrungen mit Becca gemacht, und unterschwellig muss Flora immer wieder dem Vergleich standhalten. Die Autorin hat dies in ihrer Handlung sehr gut und nachvollziehbar umgesetzt. Die Charaktere sind durchgehend sehr realistisch und glaubwürdig ausgestaltet. Aufgrund ihrer sehr menschlichen Züge findet sich der Leser alsbald in ihrer Mitte wieder und kann mit ihnen leiden, hoffen, bangen und mitfiebern. Flora ist eine sehr sympathische Protagonistin mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld, allerdings auch mit einem Hang zur Selbstaufgabe, was ihr einiges abverlangt. Izzy hat wie ihre kleine Schwester Molly nicht nur am Verlust der Mutter zu tragen, sondern auch die Verantwortung für ihre jüngere Schwester übernommen. Innerlich ist sie voller Verzweiflung und Angst, nach außen wirkt sie oftmals wie eine verzogene Göre, kalt und unberechenbar. Jack ist ein sehr liebevoller und empathischer Vater, der seine Kinder ebenso vergöttert, wie er es mit Becca gemacht hat. Clare trauert nicht nur um Becca, sondern ist gleichzeitig voller Wut über das Geheimnis, dass sie in Beccas Namen hüten soll. Dabei ist sie auch immer eine enge Bezugsperson für Jack und die Kinder. Bei „Sommerleuchten am See“ ist der Leser nicht nur dabei, sondern mittendrin in einer sehr gefühlsbetonten Geschichte. Ein Potpourri an Themen regt zum Nachdenken an, während man als Leser hofft, dass sich alles fügen wird. Ein echter Pageturner mit Nachwirkungen! Verdiente Leseempfehlung!