naibenak
Lukas ist Ende 30 und Mönch in einer Benediktinerabtei an einem herrlichen See. Klöster haben Nachwuchssorgen, weil die Wege der Mitbrüder und -schwestern nicht mehr vorbestimmt sind wie noch vor 100 Jahren. Lukas gehört daher zu den wenigen Jüngeren. Einer von ihnen, sein guter Freund Andreas, entscheidet sich aber für ein Familienleben und verlässt das Kloster. Das stürzt Lukas in eine innere Krise, die sehr viele Gedanken und Erinnerungen hervor holt. Seine ausgiebige Zeit im und am See nutzt Lukas, um sich diesen Gedanken zu stellen und um zurück zu seiner Mitte zu finden. Dann kommt Sarah ins Kloster und findet in Lukas einen Partner für intensive Gespräche. Es entwickelt sich etwas zwischen ihnen, das Lukas in eine erneute Sinnkrise führt, denn das zölibatäre Leben der Mönche ist nach wie vor ein wichtiger Punkt im Klosterleben. Dieses Buch lebt fast ausschließlich von Lukas' fließendem Gedankenstrom. Dabei richtet er sich gedanklich immer wieder an unterschiedliche Personen, was hin und wieder etwas verwirrend ist. Auch springen die Gedanken hin und her: er erinnert sich an Vergangenes, philosophiert im Jetzt, beobachtet die Natur am See, schafft Gleichnisse und bezieht sich oft auf Bibeltexte. Dieser Gedankenstrom ist wie ein Strudel, der mich von Anfang an in diese Geschichte hineingezogen hat. Aber nicht immer einfach zu lesen - man sollte bei guter Konzentration sein, um all seine Gedanken aufnehmen und verstehen zu können. Zu Beginn habe ich noch das Gefühl gehabt, dass der Weggang des Freundes aus dem Kloster eine große Zerissenheit in Lukas ausgelöst hat. Mehr und mehr habe ich aber im Verlauf gespürt, dass Lukas trotz der vielen Ereignisse in der Zwischenzeit ruhiger wird und gesetzter und trotz allem (wieder) ganz bei sich. Nicht zuletzt wird in diesem Roman das zölibatäre Leben der Mönche thematisiert, wie zeitgemäß es ist und wie damit umgegangen wird. Fazit: Der Leser erlebt ganz hautnah die Sinnkrise eines Mönches mit. Sein Zweifeln, seine Erfahrungen und seine Erkenntnisse lassen mich oftmals sehr gerührt und nachdenklich zurück. "Aus der Mitte des Sees" gibt viel Raum für eigene Gedanken und Interpretationen. Dennoch war mir der Schluss dann etwas zu romantisch verklärt und undurchdacht. Aber bis dahin bin ich Lukas sehr gern auf seinem inneren und äußeren Weg gefolgt.