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joberlin

Posted on 3.4.2021

Whitney Scharer schreibt im Nachwort zu ihrem Roman "Die Zeit des Lichts", sie habe Lee Miller und ihr Werk erst durch eine Ausstellung kennengelernt und fing dann an zu recherchieren…. Ähnlich geht es mir, ich bin erst durch diesen Roman so richtig auf diese exquisite Frau und Künstlerin aufmerksam geworden. Der Roman beschreibt die Entwicklung Millers von der passiven Model-Schönheit zur künstlerischen Fotografin und dann weiter zur aufklärerisch arbeitenden Kriegsberichterstatterin. Das Buch lässt sich sehr flüssig lesen, geschrieben fast durchgängig im Präsens, was eine gewisse Dynamik und Aktualität bewirkt, so als würden wir direkt am Leben der Protagonistin teilhaben - und doch hat es mich nie richtig gepackt, nie wirklich berührt. Und das liegt an der Schwerpunktsetzung, den es werden nur Millers drei Jahre als Geliebte des Fotografen und Künstlers Man Ray näher beleuchtet. Zwar wird immer mal wieder in kurzen Rückschaukapiteln über ihre Zeit als Kriegsreporterin berichtet, doch geht das nicht tief genug und bleibt ohne Nachhall. So gelingt der Autorin die Umsetzung der entsetzlichen Dachau-Reportage in den Roman nicht und auch die Auswirkungen der Kriegsgeschehnisse auf die Fotografin sind nur zu erahnen. Ich hätte gerne über Lees "state of mind" in dem Moment - wo sie die Kamera hochhielt, wo das Grauen in den Fokus kam, wo sie abdrückte – gelesen, gefühlt und erfahren. Stattdessen wird ihre Liebe zu Man Ray in allen möglichen Variationen immer und immer wieder in den Vordergrund gerückt. Man Rays künstlerische Bedeutung – insbesondere für die moderne Kunst – seine Techniken mit Rayografie und später mit der von Miller entwickelten Solarisation, tritt hier hinter ihren Kampf um Anerkennung bei der eitlen Surrealisten-Männerriege zurück. Eine Kooperation mit der avantgardistischen Fotografin Ilse Bing lehnte sie ab, denn "diese Frauen sind schlimmer als Männer. Mit Männern kann Lee wenigstens umgehen, sie kann mit ihnen flirten und sie dazu bringen, das zu tun, was sie will." Leider - die Entwicklung zur eigenständigen Künstlerin wird im Roman nicht schlüssig dargestellt und auch über ihre Rezeption anderer Kunstwerke und den Einfluss anderer Künstler erfahren wir nichts. Alles in allem war das Buch doch lesenswert für mich, es hat auf leichte Weise mein Interesse zur eigenen Recherche geweckt und mich zur tieferen Beschäftigung mit Lee Miller angeregt - und das ist sehr gut.

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