miss_mesmerized
Ist das Leben nur auf ein einziges Dasein beschränkt oder lebt von einem selbst auch immer etwas in den nachfolgenden Generationen weiter? Ist mit dem Tod der ersten Ada im 15. Jahrhundert schon alles besiegelt? Mitnichten, es folgen weitere Adas, die als mutige Frauen ihren Weg gehen und von Afrika über das viktorianische England bis in ein KZ und das Berlin der Gegenwart kommen und dort auch immer etwas von dem finden, was einst in ihnen angelegt wurde. All ihnen ist gemein, dass sie für ihre Unabhängigkeit kämpfen, sich nicht von Männern einfach unterwerfen lassen und auch als Opfer brutaler Gewalt noch eine gewisse Haltung zu bewahren vermögen. Sharon Dodua Otoos Debütroman war nach dem Gewinn den Ingeborg-Bachmann-Preises mit hohen Erwartungen versehen. Als Autorin, die nicht in Deutschland bzw. mit der deutschen Sprache aufgewachsen ist, war dies ein viel beachtetes Novum. Seit nunmehr 15 Jahren lebt sie in Berlin und engagiert sich auch politisch, insbesondere für Themen wie Feminismus und Rassismus, die beide auch eine ganz wesentliche Rolle in ihrem Roman „Adas Raum“ spielen. In der Konstruktion gewagt, überschreitet sie nicht nur Raum- und Zeitgrenzen, sondern erweckt auch die dingliche Welt zum Leben und diese darf von dem berichten, was sie beobachtet und die Menschen nicht auszusprechen wagen. Im Zentrum stehen jedoch die vier Frauen, die erste wird als Sklavin in Afrika zum Opfer des weißen Kolonialismus. Ada Lovelace wiederum erlebt den verachtenden Blick ihres Liebhabers, der ihre mathematischen Gedanken nicht zu würdigen weiß. Die Prostituierte Jüdin Ada kämpft im KZ ums Überleben und erlebt so aufgrund ihrer Religion die Einordnung als Mensch zweiter (oder dritter oder eher vierter) Klasse. Auch das Berlin der Gegenwart hält für die schwangere Ada zweifelhafte Blicke und wenig verschleierten Rassismus bereit. Verschiedene Formen von Diskriminierung ziehen sich durch den Roman und die Geschichten der Frauen. In Schleifen werden die Ereignisse erzählt, was literarisch anspruchsvoll und durchaus herausfordernd ist. Ein ambitioniertes Konzept, das zwar insgesamt aufgeht, aber gepaart mit erzählendem Besen und KZ-Zimmer war mir das Ganze etwas zu gekünstelt und eigenwillig. Das fraglos relevante Thema verliert sich so in der Form, was schade ist, denn dafür ist es zu aktuell und bedeutsam.