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gwyn

Posted on 29.3.2021

Der Anfang: «… verstehe›, sagte Frank erneut. Es kam nicht gänzlich unerwartet. Die toten und ruinierten Ex-Frauen, die toten Kinder. Manche würden sagen, Frank Brill war ein außerordentlich glückloser Mann, geboren an einem außerordentlich glücklosen Punkt der Geschichte.» Amerika in der nahen Zukunft, ein Szenario, das uns erspart geblieben ist – aber wie hätte die Welt aussehen können, wenn DT die Wahl gewonnen hätte? Blicken wir in die Zeit, die vor uns liegt: Nachdem Donald Trump zwei Amtszeiten durchregiert hat, ist jetzt seine Tochter Ivanka an der Macht. Das Land ist tief gespalten, die Jahre populistischer Politik haben ihre Spuren hinterlassen. Frank Brill, Journalist in einer Kleinstadt tritt in den Ruhestand und erhält bei seinem Arzt die Diagnose: Krebs im Endstadium. F*ck it! Eine teuere Behandlung kann er sich mit seiner miesen Krankenkassenversicherung sowieso nicht leisten. Doch bevor er verendet, hat er noch einiges zu erledigen. Aber Frank hat keine Bucket-List – was ich schon immer mal tun wollte. Er führt eine F*ck-it-List, beschließt, sich an den Menschen zu rächen, die für Tiefschläge in seinem Leben verantwortlich sind: Drei verstorbene Ehefrauen, drei verschiedene Kinder. Eine Tochter musste sterben, weil sie Dank des neuen Abtreibungsgesetzes einen illegalen Eingriff vornahm und verblutete. Eine seiner dahingegangenen Exfrauen, seine große Liebe, hat ein Betrüger auf dem Gewissen. Frau Nummer drei und ihr Sohn wurden Opfer eines Schulmassakers. Einige Leute stehen auf seiner Liste. «Vizepräsident Hannity mit seiner Frau, rechts von ihnen – auch mit achtzig Jahren noch alle überragend – Donald und seine vierte Gattin Crystal, unübersehbar hochschwanger, und zwischen den beiden Paaren die Präsidentin und ihr zweiter Ehemann Greg. Seit Jared für den gewaltigen Haufen Mist, den sein Schwiegervater verbockt hatte, den Kopf hinhalten musste, schmachtete er auf Rikers Island.» So macht sich Frank auf die Reise quer durch die USA, um seine Liste abzuarbeiten. Zynisch, teils satirisch, betrachtet der Protagonist sein Land. Bei Abtreibung erwartet Frauen nun der elektrische Stuhl, aber nicht nur dafür. Die Pressefreiheit ist abgeschafft, Lehrer beaufsichtigen mit Knarren in der Hand die Pause, und überhaupt, fast jeder läuft mit einer Waffe am Gürtel herum. Polizisten haben weite Machtbefugnisse, die sie auch ausnützen, dürfen nicht mehr gefilmt werden, sie schikanieren Minderheiten; Illegale landen in gruseligen Lagern. Das alles wird lapidar nebenbei erzählt, denn Frank ist ja eigentlich ein stockkonservativer Typ. Stück für Stück blättert John Niven das Leben von Frank auf, zeigt die Zusammenhänge aus Franks Unglück im gesellschaftlich politischen Kontext. Schwarzer Humor vom Feinsten. Eine Dystopie, die erzählt, wie es sein könnte – aber halt! Was heißt hier: sein könnte? Das ein oder andere scheint recht real zu klingen ... Den Roman würde ich nicht als Thriller bezeichnen. Dafür ist die Story zu berechenbar und hat zu wenig Spannung. Ein satirischer Kriminalroman, eine Gesellschaftssatire mit gutem Unterhaltungswert. John Niven wurde in Ayrshire, Schottland geboren, und studierte in Glasgow Englische Literatur. Seinen Abschluss bestand er 1991 mit Auszeichnung und war die nächsten 10 Jahre im Musikbusiness tätig, bevor er sich 2002 ganz dem Schreiben widmete. Als Journalist hat er Artikel für «FHM», «Q», «Word», «Socialism» und «GolfPunk» verfasst und ist außerdem der (Co-)Autor einiger teils preisgekrönter Drehbücher und Theaterstücke. Anfang 2006 erschien sein erstes Buch «Music from Big Pink», das die Kritiker auf beiden Seiten des Atlantiks begeisterte. Die Filmrechte sicherten sich Steven und Jez Butterworth («Birthday Girl», «Mojo»). Mit «Kill your friends» landete John Niven seinen ersten internationalen Bestseller. John Niven lebt in Buckinghamshire in der Nähe von London.

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