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SternchenBlau

Posted on 26.3.2021

Intensive Familiengeschichte Bereits nach den ersten Seiten mochte ich die Stimmung des Buches. Alltägliche Situationen werden mit viel Einfühlvermögen erzählt, schnell spürte ich, dass hinter dem Alltäglichen noch etwas Tragisches steckt, dass sich zwischen den beiden Familien Gleeson und Stanhope entwickelt. „»Es tut mir leid, dass ich ein Kind bekommen habe«, sagte sie einmal ohne jeden Anlass zu ihm, als er gerade seine Hausaufgaben machte. »Es gibt nichts, was ich mehr bereuen würde.« Es war totenstill in der Küche, sie waren allein, Brian hatte die Spätschicht. Es waren zwei Kartoffeln im Ofen, das Haus war erfüllt vom erdigen Geruch der heißen Schalen. Peter war damals zehn, vielleicht elf, und noch heute, ein Jahrzehnt später, sah sie vor sich, wie das weiße Oval seines Gesichts verblüfft hochschnellte.“ Wir sind alle die Kinder unserer Eltern und das belastet mal mehr mal weniger. Aber unsere Wurzeln können wir nie ganz abstreifen. Und doch leben wir unser eigenes Leben, werden älter, bekommen selbst Kinder. Und dieses Spannungsfeld zeigt der Roman ganz wundervoll. Zu diesem Buch hatte ich eine sehr begeisterte Rezi gelesen und es dann auf meinen SuB gepackt. Manchmal erweist es sich als Glück, dass ich dann gelegentlich vergesse, worum es in dem Buch genau geht. Aber weder das fast schon liebliche Cover noch der Klappentext haben mich nicht ganz auf das Buch vorbereitet. „Aber ihre aufkeimende Liebe wird auf eine harte Probe gestellt, als eine Tragödie beide Familien für lange Zeit auseinanderreißt.“ Ich muss gestehen, unter „Tragödie“ hatte ich etwas anderes erwartet. Obwohl ich letztendlich ganz froh bin, dass mich das Buch dadurch sehr überraschen konnte, möchte ich bei meiner Rezi doch eine Content Note nachholen. CN / Content Note: sexualisierte Gewalt, Gewalt, div. psychische Erkrankungen (Schizophrenie, Borderline, Depression), Alkoholismus, Verlassen-Werden als Kind Zwischen all diesen Themen, die bei den beiden Familien eine Rolle spielt, habe ich bei der liebevollen Darstellung der Protagsonist*innen richtig mitgefiebert. Ich wollte, dass es ihnen gut geht, denn Liebe und Hoffnung ist genauso Bestandteil dieses Buches. Es hat für mich nur eine strukturelle Schwäche: Ich komme an sehr lange an Anne Stanhope emotional nicht ran, es dauert bis zur Mitte des Romans, dass ich ihre Sicht einnehme. Wenn ich das Buch als Ganzes betrachte, macht dieser Aufbau zwar schlussendlich Sinn. Aber so habe ich mich lange gefragt, ob das Buch der komplexen Gemengelage, unter denen Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihre Angehörige leiden, wirklich komplett erfasst. Fazit Mit den liebevoll geschilderten Figuren habe ich richtig mitgefiebert. Die behandelten Themen haben allerdings Trigger-Potential, daher bitte Content Note beachten. Die Geschichte hat für mich eine strukturelle Schwäche, die allerdings für den Roman als Ganzes Sinn ergibt. Daher runde ich meine 4,5 Sterne sehr gerne auf 5 Sterne auf.

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