bookish.yvonne
So oft habe ich dieses Buch auf Bookstagram gesehen und nun habe ich es selbst gelesen. “My Dark Vanessa” von Kate Elizabeth Russell ist… heftig. Anders kann ich das gar nicht beschreiben. Es ist widerwärtig, ekelerregend, krass, schockierend, und gleichzeitig konnte ich nicht aufhören das Buch zu lesen. Denn ich kann mir so gut vorstellen, dass das immer wieder passiert. [CN: 9/11, anti-asiatischer Rassismus, Blut, Body Shaming, Dissoziation, Gaslighting, Gewalt gegen Kinder, Grooming, Lehrer-Schülerin-Verhältnis, Pädophilie, Sexismus, sexualisierte Gewalt, Suizid, Suizidalität, Tiermisshandlung, Victim Blaming/Shaming, Vergewaltigung] Im Jahr 2000, als Vanessa 15 war, hatte sie das erste Mal Sex mit Jacob Strane, ihrem 42-jährigen Englischlehrer. 2017 beschuldigt Taylor, eine ehemalige Schülerin, Strane sie sexuell missbraucht zu haben. Taylor und eine Journalistin nehmen Kontakt zu Vanessa auf und bitten sie um Unterstützung. Doch niemand scheint zu verstehen, dass das, was zwischen Vanessa und Strane war, kein Missbrauch war. Es war Liebe. Nicht? Die Geschichte wird in zwei Zeitsträngen erzählt: Das Buch fängt mit dem Jahr 2017 an, und Vanessa liest auf Facebook, dass Taylor an die Öffentlichkeit gegangen ist, um ihre Geschichte zu erzählen. Vanessa hat nach wie vor Kontakt zu Strane und sie steht an seiner Seite. Denn sie ist davon überzeugt, dass es Liebe war, dass sie all das, was damals geschah, willentlich getan hat. Deshalb schweigt sie weiterhin. Ansonsten müsste sie sich selbst und die Ereignisse ihrer Vergangenheit neu definieren. Im Jahr 2000 erleben wir hautnah mit, wie das Grooming stattfindet, ohne eingreifen zu können. Wir erleben, wie Strane Vanessa manipuliert und sie glauben lässt, dass sie diejenige sei, die all die Entscheidungen trifft, sodass sie quasi letztendlich Schuld an allem ist. Denn er kann doch nichts dafür, dass er sich in sie verliebt hätte. Abwechselnd in Vanessas Gegenwart und ihrer Vergangenheit sehen wir den Schaden, den er angerichtet hat und auch weiterhin anrichtet, wie sie nach fast 20 Jahren immer noch kämpft. Nichts von all dem, was geschehen ist, ist ihre Schuld. Doch sie nimmt alles auf sich und es ist so frustrierend zu sehen, dass Vanessa es nicht als Missbrauch sieht. Für sie muss es eine Liebesgeschichte sein. Denn, wenn es keine ist, befürchtet sie daran zu zerbrechen. Teilweise musste ich das Buch weglegen, weil mir die Vergewaltigungsszenen zu stark beschrieben wurden. Ich bin mir nicht sicher, ob das notwendig gewesen ist. Nach dem Lesen war ich einfach fertig. Vanessa und Strane als Charaktere finde ich unglaublich gut ausgearbeitet, insbesondere die Komplexität von Vanessa. Die anderen Charaktere, wie ihre Eltern, Freundinnen und der Englischdozent, sind für mich eher blass und eindimensional. Ich fand das Buch wirklich gut, aber versucht euch mental darauf vorzubereiten, was euch erwartet.