herbstrose
Kriminaltango … In ihrem Wohnort Wuppertal sehen die beiden arbeitslosen Ingenieure Kurt Sandweg und Waldemar Velte keine Perspektive für die Zukunft, sie wollen nach Indien. Auf dem langen Weg dorthin wird noch schnell in Stuttgart eine Bank überfallen und der Kassierer erschossen, bevor sie im schweizerischen Basel landen. Es ist kurz vor Weihnachten 1933, als sie im Kaufhaus Globus in der Schallplattenabteilung bei Tangomusik die Verkäuferin Dorly kennen lernen, und sich Waldemar in sie verliebt. Die Weiterreise wird vorläufig aufgeschoben und man verabredet sich für den nächsten Abend zum Spaziergang am Rhein. Zu ihrer Sicherheit bringt Dorly ihre Freundin Marie mit, die spätere Großmutter des Erzählers. Bald werden diese harmlosen abendlichen Spaziergänge zur Gewohnheit. Doch die Idylle währt nicht lange, denn die beiden Männer werden wegen des Stuttgarter Bankraubs von der Polizei gesucht. Als ihnen dann noch das Geld ausgeht, und sie eine weitere Bank überfallen, geht eine gnadenlose Jagd auf die beiden los … Der Autor Alex Capus wurde 1961 in der Normandie als Sohn einer Schweizerin und eines Franzosen geboren. Seine ersten fünf Lebensjahre verbrachte er in Paris. 1966 zog seine Mutter mit ihm in die Schweiz, wo er später an der Universität Basel Geschichte, Philosophie und Ethnologie studierte. Er ist Verfasser zahlreicher Romane, Kurzgeschichten und Reportagen, für die er zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhielt. Sorgfältig recherchierte und geschichtlich überlieferte Tatsachen verknüpft Capus gerne mit fiktiven Geschichten, die überwiegend in der Schweiz spielen. Mit seinem wohl bekanntesten Roman „Léon und Louise“ war er 2011 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Alex Capus ist verheiratet und Vater von fünf Söhnen, er lebt heute als freier Schriftsteller in Olten in der Schweiz. Wie aus Aussagen des Autors zu entnehmen ist hat er über zehn Jahre gebraucht, um aus den Akten in Polizei- und Zeitungsarchiven, Protokollen von Zeugenaussagen und Gesprächen mit Überlebenden diesen Roman zu schreiben, dem ein realer Kriminalfall zugrunde liegt. Entstanden ist „Fast ein bisschen Frühling“, die Geschichte zweier Bankräuber aus den Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, zweier Freunde auf der Flucht vor dem Nazi-Regime, auf der Suche nach einem besseren Leben. Als Erzähler wählt er den späteren Enkel von Dorlys Freundin Marie, den er das Geschehen nüchtern und sachlich, dabei jedoch unglaublich spannend, schildern lässt. Capus‘ Stil ist beinahe beschwingt, ein romantisches Road-Movie mit anrührenden Ereignissen, die die beiden naiven Gangster schon beinahe sympathisch machen. Dabei wird jedoch nichts beschönigt, es wird keine Stellung zu den Taten der Protagonisten bezogen, das wird dem Leser überlassen. Alle Personen kommen sehr authentisch rüber, ihre Gemütsverfassungen wie Wut und Hass, Angst und Verzweiflung, aber auch Spaß und Freude, Liebe und Zuneigung, sind deutlich zu spüren und machen das Lesen zum Erlebnis. Fazit: Ein kleines Büchlein mit viel Inhalt – meine Leseempfehlung.