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Jaylinn

Posted on 21.3.2021

Allgemeines: Die Insel der Waisen ist am 18. August 2021 als gebundenes Buch von 300 Seiten bei Mixtvision erschienen. Das Jugendbuch wird ab einem Lesealter von 12 Jahren empfohlen. Dem Buch ein eindeutiges Genre zuordnen zu wollen, erscheint schwierig, da es sich sozusagen um eine modernere Version des Herrn der Fliegen handelt. Der Verlag hat deshalb auf seiner Homepage den beschreibenden Ausdruck „Robinsonade für starke Mädchen“ gefunden. Starke Jungen dürfend das Buch aber auch gerne lesen. Inhalt: „Zehn sind einer zu viel “Neun Waisen auf eine Insel, allein auf der Welt, einer mehr und der Himmel fällt …” Neun Kinder leben allein auf einer paradiesischen Insel. Woher sie kommen und wohin sie gehen, wenn die Glocke ertönt, weiß niemand. Die Insel versorgt die Kinder mit allem, was sie brauchen. Jeder weiß, wofür er verantwortlich ist und es gibt klare Regeln. Doch als Jinny, die Ältestes, die wichtigste Regel bricht und als zehntes Kind auf der Insel bleibt, wendet sich diese gegen sie … Eine Robinsonade mit Lieblingsseller-Potenzial: Magisch wie Marion Zimmer Bradley, utopisch wie Margaret Atwood und abenteuerlich wie Daniel Defoe.“ (Quelle: Mixtvision) Meine Meinung: Protagonistin Jinny ist an der Reihe. Die Glocke ertönt, jemand hat die Insel verlassen. Ein neues Kind kommt. Jinny ist nun die Älteste und das Kind ihr Mündel. Sie ist jedoch nicht im Mindesten bereit für diese Aufgabe. Sie möchte sie nicht bewältigen. Sie bewältigt sie nicht. Und sie ist unsympathisch dabei. Rebellion gegen das bestehende System, sich wehren gegen grausam erscheinende Praktiken, das sind Verhaltensweisen, die wir als Leser*innen mögen, von denen wir gerne lesen. Jinny wehrt sich gegen die feststehenden Regeln der Insel. Aber sie tut das nicht für die anderen neun Kinder, die dort leben. Sie tut das für sich, aus eigennützigen Gründen. Lange Zeit war mir nicht klar, was mich an dieser Protagonistin so gestört hat. Aber genau diese Eigennützigkeit war es, die das Buch für mich geschmälert hat. Jinnys Beweggründe hätten „ehrenvoll“ sein können. So rebelliert sie zwar und bringt einen Stein ins Rollen, verändert für sich etwas. Aber alle Szenen mit ihr waren irgendwie nervig zu lesen. Und das, obwohl die Geschichte des Buches, die an Herr der Fliegen erinnert, durchaus spannend aufgebaut ist. Die Grundidee der Erzählung ist dabei nicht neu. Kinder, die nicht wissen, woher sie kommen oder wo sie sind, das erinnert nicht nur an Maze Runner, sondern an viele bereits gelesene Geschichten. Der Autorin gelingt es aber, der Insel und den Kindern Leben zu verleihen. Die Magie der Insel zu vermitteln und Identifikation mit der Geschichte zu erschaffen. Nach den Regeln der Insel leben die Kinder instinktiv. Sie tun das, was sie gut können und erfüllen so ihre Rollen. Jegliche Vorstellung von Moral wird ihnen höchstens auf der Insel durch ihre eigenen Erlebnisse vermittelt. Da sie als kleine Kinder auf die Insel kommen und niemand Erwachsenes dort lebt, kennen sie die Außenwelt nicht. Sie sind abhängig, werden zunächst als Mündel bezeichnet und lernen von den jeweiligen Ältesten zu überleben. Aus diesem Grund weiß auch niemand, wie er sich nach Jinnys Regelbruch verhalten soll. Was wird passieren? Wird die Insel die Kinder weiterhin mit Essen versorgen, sie vor gefährlichen Winden beschützen? Werden die Tiere zahm bleiben oder wird gar jemand mit dem Boot kommen? Fragen über Fragen. Und ein Ende, das viele Fragen offen lässt. In meinen Augen zu viele. Mir bleibt zu vieles unklar und eigentlich muss es eine Fortsetzung geben. Es wirkt nicht so, als ob diese Geschichte beendet ist. Leser*innen wissen schließlich auch nach dem Beenden der Geschichte nicht, warum die Kinder auf der Insel sind. Eine Information, die in meiner Erwartungshaltung eindeutig beantwortet werden müsste. Es müsste eigentlich noch so vieles zu erzählen geben. Ich würde es mir jedenfalls wünschen. Fazit: Eine Geschichte mit Potential, die in meinen Augen noch nicht beendet ist.

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