Maya Rottenmeier
Was darf Erotik in Büchern? Erotik darf alles, was gefällt, nur gefällt nicht jedem alles und so wird sie nie jedermanns Geschmack treffen. Ein paar Worte vorab: Mögt ihr erotische Geschichten? Ich lese sie total gerne, aber für mich müssen die Figuren stimmig sein. Ihre Handlungen passend zu ihren Charakteren und konstruierte Dramen mit überzogenen Klischees schrecken mich eher ab. Die expliziten Szenen dürfen schmutzig und glühend heiß sein, dabei aber auf keinen Fall ihre spielerische Leichtigkeit einbüßen. Es gibt in Erotikromanen fast nichts Schlimmeres als verkrampfte intime Augenblicke, bei denen ich mir denke: hätte der Autor das mal lieber gelassen. Und was ebenso wenig für mich akzeptabel ist, ist Gewalt gegen den Partner, völlig egal, ob sie sich gegen die Frau oder den Mann richtet. Und ja, in einem BDSM-Roman geht es um körperliche Schmerzen und Erniedrigung sowie Dominanz, aber wird in dieser Form von beiden ausdrücklich freiwillig ausgelebt. Zum Buch: Wenn man einen erotischen Roman staubtrocken beendet, ist etwas falschgelaufen, aber keine Sorge: Hier bleibt kein Höschen trocken. Nachdem mich Lynns letztes Buch nicht völlig begeistert hat, erlebe ich sie hier in Hochform. Sie brennt mich in Windeseile nieder. Zur Handlung: Haley möchte zum ersten Mal ihre Unterwürfigkeit ausleben und besucht zu diesem Zweck das Luminous, einen exklusiven BDSM Club. Dort trifft sie auf Männer, die ihr Höschen im Nu verpuffen lassen, und einer von ihnen kommt ihrem Herzen verdammt nahe. Figuren, die Lynn mir direkt ins Herz schreibt: Haley Portsmouth ist 27 Jahre alt, geschieden und hat das luxuriöse Urlaubsresort am Lake Michigan von ihren Eltern übernommen. Ihr Job fordert ihr viel ab und ihre freie Zeit ist begrenzt, aber diese möchte sie in Zukunft nur noch mit Praktiken verbringen, die ihr den Atem rauben und nach denen sie sich seid Jahren verzehrt. Ich habe Haley sofort ins Herz geschlossen. Ihre liebenswerte Art und Offenherzigkeit locken mich ebenso an wie Jensen. Jensen Rhodes ist Anwalt und ein ehemaliger Dom, der der Szene abgeschworen hat. Sein bester Freund Dylan ist immer für ihn da und weiß, welche Knöpfe er bei ihm drücken muss, und das ist gut so. Jensen ist unglaublich präsent, sobald er eine Buchseite betritt, und ich kann meine Augen nicht von ihm lassen. Mit ihm hat Lynn eine eindrucksvolle Figur erschaffen, deren Faszination ich rettungslos erliege. Was mich sofort überrollt: Sobald die Protas aufeinandertreffen, knistert die Luft, vibriert der Boden, auf dem sie stehen und alles um sie herum verliert sich im Nichts. Und auch wenn alles erst einmal auf der physischen Ebene abläuft, macht Lynn sofort klar, das da mehr zwischen den beiden ist. Etwas, das tief reingeht. Bei Haley in Tiefen, in die vorher kein Mann vorgedrungen ist. Lynn macht es spannend: Was ist Jensen passiert, dass ihn innerlich hemmt und aufrisst und ihm Angst einjagt? In meinem Kopf überschlage ich eilig alle Möglichkeiten, die für mich in diesem Bereich des Spielens denkbar sind. Zugegeben, sehr fantasievoll bin ich nicht dabei und mir wird klar, die Autorin bespielt nicht nur die Figuren, sie spielt auch mit mir, was ich total genieße. So etwas erlebe ich nicht oft beim Lesen. Sinnliche Freuden: Der erotische Anteil in der Story ist hoch und es kommen einige Spielpraktiken zum Zug. Abwechslung ist garantiert und wenn es gerade nicht durch die Vordertür geht, geschieht das so spielerisch und unverkrampft, wie ich es selten lesen darf. Die Nebenhandlungen beschränken sich auf das Notwendige und der Fokus bleibt bei den Protagonisten, doch sobald Dylan ins Spiel kommt, muss ich schlucken. Jensen und Dylan in Interaktion sind grandios und lassen mich alles vergessen. Ich kann mich nicht eine Sekunde von den beiden losreißen. Himmel noch mal was für Männer und sie wissen genau, was sie tun. Gegen Ende schleicht sich sogar etwas Crime in die Seiten, was den unterschwelligen Spannungsbogen verändert, der ständig zwischen den Figuren schwebt. Ich liebe genau das. Dieses Buch ist für mich geschrieben worden, anders kann es gar nicht sein. Die winzigen Momente, die mich nicht restlos überzeugen, verlieren sich in sengender Hitze. Mein Fazit: „Dominate me: Erwachen“ reißt mich blitzartig mit. Der flüssige und bildhafte Schreibstil verwöhnt alle meine Sinne. Die Ehrlichkeit von Lynns Worten trifft mich bis ins Mark. Was auch immer im BDSM-Bereich geschieht, es passiert alles freiwillig und die Macht liegt alleine bei der Sub. Der Beginn der Story ist sofort fesselnd. Ich bin bei Haley und ihrer besten Freundin Anya. Es dauert nicht lange und Dylan, ein Dom, erscheint in den Seiten und ich denke so: Wow, was für ein Mann. Doch als Jensen die Bühne betritt, bin ich froh, dass mein Reader nicht in Flammen aufgeht. Ich meine, die Teile sind nicht gerade billig, aber noch schlimmer als das, wäre es, nicht weiterlesen zu können. Zugegeben, ich bin kein großer Fan von BDSM-Romanen, doch hier stimmt einfach alles. Lynn arbeitet die inneren Konflikte ihrer Figuren ausgezeichnet heraus und ich verliebe mich rettungslos in die Protagonisten. Lynn schenkt mir zahlreiche intime Szenen, die ich ohne Pause inhaliere. Ich fliege nur so durch die Seiten. Zum Glück erscheint im April der 2. Teil dieser genialen Reihe. Und ein kleiner Tipp am Rande: Nach dem Lesen sollte man sich nur an diese Story erinnern, wenn man Wechselunterwäsche griffbereit hat. Von mir erhält „Dominate me: Erwachen“ 5 sinnliche Sterne von 5 und eine absolute und unbedingte Leseempfehlung für Fans des Genres Erotik.