himmelsvogel
Eine Geschichte voller Trauer, Hoffnungslosigkeit und der großen Liebe Um was geht’s? Der Roman erzählt von Tom Monderath, welcher ein bekannter Nachrichtenmoderator ist. Toms arbeitsbestimmendes Leben wird auf den Kopf gestellt, als seine Mutter immer mehr vergisst, da sie an Demenz erkrankt, doch gleichzeitig kommen Erinnerungen an ihr früheres Leben ans Licht. In Kapiteln, die abwechselnd von Heute und Früher erzählen, erfährt man nach und nach von den jungen Jahren seiner Mutter Greta. Greta, die ihre Kindheit während des Naziregimes in Ostpreußen verbracht hat, sich danach auf der Flucht vor russischen Soldaten befand, bis sie nach einer langen harten Zeit endlich in Heidelberg ankommt. Doch dort wird sie auch nicht gerade mit offenen Armen empfangen, sondern muss den harten Nachkriegsalltag unter den Augen der Besetzer meistern. In dieser Zeit, die von Unbarmherzigkeit und Hoffnungslosigkeit geprägt ist, genauso wie mit schönen Momenten, trifft Greta auf das letzte, auf was sie gehofft hatte und doch stellt diese Begegnung ihr komplettes Leben auf den Kopf. Über sechzig Jahre später bringt ihr Sohn in einer aussichtslos scheinenden Spurensuche die Vergangenheit ans Licht, welche von Traurigkeit und Glück erzählt und Auswirkungen bis in die Gegenwart hat. Wie hat mir der Inhalt gefallen? Ich muss gestehen, der Einstieg in die Geschichte ist mir sehr schwergefallen. Den Anfang fand ich verwirrend, das ständig zwischen den Sichtweisen gewechselt wurde und auch die Situation nicht wirklich übersichtlich war. Tom war mir anfangs nicht wirklich sympathisch. Ich hätte auch mehr erwartet von Gretas Leben in Ostpreußen und von der Flucht zu erfahren, doch das war nicht der Fall, da die Geschichte erst nach der Ankunft in Heidelberg richtig zu laufen anfängt. Den Moment, als ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte, kann ich nicht genau sagen, doch irgendwann hat Gretas Geschichte mich vollkommen abgeholt und ich fühlte mit ihr in ihren glücklichen Momenten, genauso wie in ihren schmerzhaften, teilweise unaushaltbaren Momenten. Der Spannungsbogen zieht ohne Vorwarnung an und plötzlich ist man gefangen, möchte die Schicksale zweier Menschen kennenlernen, die aus völlig verschiedenen Welten kommen. Eine Liebesgeschichte, die gespickt an Vorurteilen, Trauer, Wut und verdammt viel Hoffnungslosigkeit ist, dass ich mir kaum vorstellen vermag, wie die Menschen damals ähnliche Schicksale aushielten. Susanne Abel hat mit ihrem Roman eine mir völlig neues Kapitel der damaligen Zeit thematisiert, den sogenannten „Brown Babys“ und sorgfältig recherchierten Punkte geschickt in die Geschichte hineingeflochten. Außerdem fand ich den Punkt sehr interessant, dass die Autorin parallelen zur Heutigen Zeit gezogen hat. Denn siebzig Jahre später (Buch spielt 2015), fliehen Menschen wieder aus ihrer Heimat, weil sie Verfolgt und Vertrieben werden. Die Schicksale und die Geschehnisse sind vielleicht andere, doch der Kern bleibt der Gleiche. Umso erschütternder ist der Gedanke, dass die Menschen, welche auch in diesem Buch beschrieben werden, die gegen die Ankunft der Flüchtlinge protestierten, Nachkommen der 25-30 Millionen sein könnten, die im und nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden oder geflohen sind. Toms Suche nach der Vergangenheit seiner Mutter ist vielleicht auch deswegen so aufwühlend, da es vielen der Nachfolgegenerationen genauso oder ähnlich ergeht. Denn es ist eine oft unerwartete Suche, bei der man nicht nur mehr über das Leben seiner Eltern erfährt, sondern diese Schicksale auch seine Geschichte beeinflussen. Fazit: Eine aufwühlende Geschichte eines Mädchens, welches ihre Heimat, ihre Hoffnung und ihre Liebe verliert und alles hinter einem Schleier des Schweigens verbirgt, was ihren Sohn über sechzig Jahre später dazu bringt die Vergangenheit ans Licht zu holen. Sterne: 5 von 5 Sterne Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar durch Netgalley.de zu Verfügung gestellt.