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Eine Abrechnung oder eine Aufarbeitung? Harald Martenstein, den ich bisher sehr schätzen gelernt habe in seiner wöchentlichen ZEIT-Kolumne, die immer mit viel Witz und Charme die groteskesten Alltäglichkeiten zerlegt und in seinem Kosmos einordnet, ist nun mit diesem Roman „Wut“ in seine Kindheit eingetaucht und nimmt uns auf eine schmerzhafte Zeitreise mit. Ein sehr persönliches Buch, auch wenn der Protagonist ein fiktiver Charakter ist: Frank und das Buch in Gänze eine ausgedachte Geschichte ist. Dieser Roman schmerzt sehr beim Lesen, zeichnet es eine brutale und grausame Kindheit. Wirklich nichts für zarte Gemüter. Frank muss immer wieder als Dampfablasser für seine Mutter Maria herhalten, die ihren Stress am Kind auslässt in dem sie ihn immer und immer wieder prügelt. Nicht nur die physische Gewalt setzt dem Kind massiv zu auch die verbalen Verunglimpfungen tun höllisch weh und bauen diese große und allumfassende Wut auf. Fast ist es erstaunlich wie der Autor der Mutterfigur nicht nur Schlechtes zuschreibt, ihr gar positive Eigenschaften gibt und versucht im Ansatz zu verstehen wie man das eigene Kind so schlecht behandeln kann. Klar, auch die Mutter hatte kein schönes Leben und ist am Ende, aber kein Grund ihr Kind zu misshandeln. Sie wurde von der eigenen Mutter zurükgelassen bei der Tante, die ein Bordell betrieb. Hier musste sie ran und zugleich auf ein katholisches Gymnasium gehen. Irgendwann kippt die Geschichte um Frank und Martenstein driftet vom Erzählen ab und fabuliert mehr. Was nun noch wahr und erdacht ist, Traum oder Wirklichkeit vermag man ohne ein Gespräch mit dem Autor nicht konstruieren. Mit diesem Bruch enden auch die Erfahrungen des Autors die in diesen Roman einflossen. Fazit: Harter Tobak - Aufarbeitende Abrechnung mit der eigenen Mutter, aber auch ein kaputtes fiktives Männerleben, dass droht auseinander zu fallen.