Profilbild von mabuerele

mabuerele

Posted on 15.3.2021

„...Ich bin keine Freundin davon, Energien sinnlos zu verschleudern. Ich habe etwas zu sagen. Ich kann Probleme erkennen und analysieren. Ich arbeite lösungsorientiert. Vielleicht gerade, weil ich eine Frau bin...“ Sie klingen gut, die Worte Petra Mertens, der Kandidatin für das Bürgermeisteramt auf Norderney. Doch leider wird sie diese Gedanken nie in die Praxis umsetzen können, denn am nächsten Tag ist sie tot. Sie ist alleinerziehende Mutter und lässt zwei minderjährige Kinder zurück. Vom Festland kommt der Kriminalist Gert Schneyder. Der arbeitet auf Augenhöhe mit Martin Ziegler zusammen. Die Autorin hat erneut einen fesselnden Inselkrimi geschrieben. Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Und die können unterschiedlicher nicht sein. Einerseits gilt es den Mord aufzuklären, andererseits beginnt die Suche nach der Verwandtschaft der Toten, die sich der Kinder annehmen könnten. Hinzu kommt, dass die Polizeipsychologin Ruth gerade für ein entspanntes Wochenende bei dem Journalisten Oskar in Bonn ist. Und die verbliebenen beiden Bürgermeisterkandidaten hoffen nun auf ihre neue Chance. Einer der Kandidaten ist Kroll. Er ist der Favorit und Ziehsohn des bisherigen Bürgermeisters. Als einziger Einheimischer unter den drei Kandidaten hatte er sich sicher gefühlt. Doch schnell weht ihm der Gegenwind um die Ohren. „...Kneipenbesucher waren wie Kirchgänger, schoss es Kroll durch den Kopf. Rituale waren es, die die Menschen brauchten...“ Sehr einfühlsam wird beschrieben, wie sich das Jugendamt in Zusammenarbeit mit Gert Schneider um die Kinder sorgt. Petra hatte mit der Familie gebrochen. Also war es nur über ihre Unterlagen möglich, Kontaktadressen zu bekommen. Auf diese Art ergab sich ein sehr bizarres Bild über ihre Vergangenheit. Könnte darin das Mordmotiv liegen? Oder spielt doch ihre Kandidatur die entscheidende Rolle? Der Mord wirkt wie inszeniert. Die Spurensicherheit findet viele Hinweise, die aber eher eigenartig sind und nicht zusammenpassen. Martin geht einigen der Spuren nach. Und dann kommt plötzlich Ruth wieder ins Spiel. Als sie Oskar von dem Mord erzählt, erinnert der sich an Petra, die aus dem Bonner Umfeld stammt. Er aktiviert seine Kontakte. Anfangs ist Ruth alles andere als begeistert. Sie hatte sich auf Kunst und Kultur gefreut. Irgendwie lässt sich das dann sogar miteinander verbinden. Dabei erfahre ich eine Menge über Sehenswürdigkeiten in Bonn und Umgebung. Ab und an blitzt ein feiner Humor auf: „...“Männer können kein Multitasking. Und erst recht nicht bei bestimmten Tätigkeiten. Das Blut kennt in unseren Körper nur eine Richtung: entweder der Kopf oder ...“ Er ließ den Satz unvollendet...“ Auch philosophische Gedanken finden im Buch ihren Raum. Anna, die Ärztin und Martins Frau, resümiert in einer ruhigen Stunde: „...Wer war sie, wer waren sie alle in dem großen Geheimnis, dass sich Universum nannte? Ein kleines Rad, ein Puzzlestück, ein Kasperle im weltumspannenden Puppentheater – sonst nichts...“ Der hohe Spannungsbogen ergibt sich auch daraus, dass die Autorin genau im unpassenden Moment Handlungsort und Protagonisten wechselt. Als Leser ist man dann manchmal geneigt, der Situation mehr Brisanz zuzugestehen, als sie nach der Aufklärung später hatte. Das überraschende Ende macht die Geschichte rund. Der Krimi hat mir ausgezeichnet gefallen.

zurück nach oben