mrs.misery
So sehr ich Prof. Dr. Tsokos auch schätze (große Empfehlung für die Dokuserie 'Obduktion' an dieser Stelle), der Justiz-Krimi war leider gar nicht mein Fall. Toller Klappentext? Definitiv. Interesse am Justizsystem? Auf jeden Fall. Zu hohe Erwartungen? Sehr wahrscheinlich. Der Familienvater Nikolas Nölting betritt an einem Sonntagmorgen eine Bäckerei und nimmt dort statt ein paar Brötchen einer anderen Person das Leben. Zwei weitere Personen werden verletzt - eine schier sinnlose Schießerei bringt Nölting auf direktem Wege hinter Gitter. Doch dort schweigt er beharrlich zu seiner Tat. Gab es etwa gar kein Motiv? Sein Anwalt Rocco Eberhardt nimmt sich seiner Sache an und deckt in Zusammenarbeit mit dem renommierten Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer erschreckende Details auf, die den Mord in ein völlig anderes Licht rücken. Dieses Szenario, und das ist wohl das Fesselnde an diesem Plot, könnte uns allen widerfahren. Ahnungslos in einer Bäckerei in eine Schießerei verwickelt zu werden. Die Autoren Florian Schwiecker und Michael Tsokos (beide übrigens gebürtige Kieler ⚓) treffen damit einen Nerv, der wohl die wenigsten von uns kalt lässt. Nach diesem grandiosen Einstieg verlässt der Spannungsbogen für mich allerdings schnell seinen Horizont und schafft auch bis zum Ende die Kurve nicht mehr. Die Story lässt sich gut 'weglesen' und plätschert angenehm vor sich hin. Als Protagonist stellt sich schnell der Strafverteidiger Eberhardt heraus, der im Laufe der Ermittlungen immer sympathischer wird, während alle anderen Charaktere schemenhafte Schatten bleiben, die wenig Rolle bekommen haben. Der Aufbau des Buchs ist wie die Genre-Einordnung auf dem Cover verspricht ein Justiz-Krimi: Tod am Anfang, viel Ermittlungsarbeit bis zum Schluss, gespickt mit allerlei Wissenswertem aus der Judikative. Ein echter Pluspunkt! Letztlich bleibt es für mich aber ein Buch, dessen Nachfolger (so viel lässt das Ende verraten) vermutlich nicht auf meinem Nachttisch landen werden.