Profilbild von Caillean

Caillean

Posted on 15.3.2021

Diese Mädels geben richtig Gas!   Das WASP-Programm des US-Militärs der 1940er Jahre ist wahrscheinlich den wenigsten ein Begriff. Kunststück – es lief ja auch nur wenige Jahre und hatte mit dem in Europa tobenden Zweiten Weltkrieg nur mittelbar zu tun. Daher wird es in deutschen bzw. europäischen Geschichtsbüchern kaum erwähnt.   Aber es ist nicht nur erwähnenswert, sondern wirklich bewundernswert, was die Frauen in diesem Programm leisteten: Women Airforce Service Pilots – so heißt WASP ausgesprochen und bezeichnete eine speziell trainierte Gruppe von Pilotinnen, die Flugzeuge von einer Militärbasis zur anderen überführte. Sie mussten hart im Nehmen sein, denn sie mussten hauptsächlich entweder nagelneue Militärflugzeuge bzw. Bomber oder überholte alte Flugzeuge in Betrieb nehmen und zum Einsatzort bringen. Und deshalb muss ich sagen, dass ich während des Lesens dieses Buches zwiespältige Gefühle zum WASP-Programm entwickelt habe.   Die meisten nennen es heutzutage eines der ersten Programme, in denen Frauen genau so viel zugetraut wurde wie Männern und in dem sie gleichberechtigt eine Arbeit verrichten durften, die bisher völlige Männerdomäne war. Es wird also meist in einem sehr positiven Kontext erwähnt. Wenn ich aber den Zweck, das Ziel und auch die hier im Buch beschriebene Art und Weise berücksichtige, wie diese Frauen diese Arbeit verrichtet haben, kommen mir andere Gedanken. Kanonenfutter. Personen, die eine schwierige und äußerst gefährliche Tätigkeit verrichteten, die besondere Risiken barg abzustürzen. Eine Tätigkeit, für die männliche Militärpiloten zu wertvoll waren? Denn warum wurden die WASP-Frauen nie wirklich ins Militär aufgenommen (mit finanzieller Absicherung im Verletzungs- oder Todesfall) sondern mussten im Vorfeld sogar schriftlich einwilligen, dass im Todesfall die Kosten für Bestattung, Überführung etc. von den Angehörigen getragen werden? Ich hatte mehr und mehr den Eindruck, es wird etwas schöngeredet, was nicht wirklich schön war…   Die Autorin wertet das aber im Roman nicht und zeichnet von der Ausbildung und Arbeit ein durchaus realistisches Bild, denke ich. Allerdings weniger von den Frauen (zumindest in der ersten Hälfte des Romans). Dass unter diesen Bedingungen und zu dieser Zeit die Sorgen der jungen Frauen sich hauptsächlich um Lippenstifte und gutaussehende Offiziere gedreht haben sollen – ich kann es nicht glauben. Diesen Eindruck vermittelt sie jedoch in der ersten Hälfte des Buches. Als sei das Leben als Pilotin ein einziger Spaß. In der zweiten Hälfte, als Audrey mehrere schwere Schicksalsschläge im Zusammenhang mit ihrer Arbeit erleiden muss, wird die Darstellung jedoch realistischer (was das Buch, das muss ich so zugeben, für mich gerettet hat – sonst wären es sicher nur 3 Sterne geworden). Audreys Trauer, ihr Verhältnis zum Fliegen, das sie bisher so geliebt hat – das alles wird lebensnah geschildert.   Und insgesamt muss man einfach sagen, dass Noelle Salazar hier mitreißende Unterhaltung abgeliefert hat. Ich persönlich hätte zwar eine etwas tiefgreifendere Story besser gefunden – besonders da es sich ja um ein ernstes Thema handelt, denn es liest sich schon sehr wie „Sonntagnachmittagsunterhaltung“ Ob es glücklich ist, die Story einer WASP-Pilotin in so einem Stil zu erzählen, darüber kann man sicher geteilter Meinung sein. Aber letzlich ist es gut gemachte Unterhaltung, mit viel Abenteuer und Dramatik, mit einer schmachtenden Liebesgeschichte und letztlich auch ein Denkmal für diese Mädels, die richtig Gas gegeben haben, um ihrem Land im Krieg zu dienen!

zurück nach oben