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joberlin

Posted on 14.3.2021

Der Schweizer Autorin und Literaturwissenschaftlerin Hildegard E. Keller ist mit diesem Hannah-Arendt-Roman ein Meisterwerk gelungen, das mich ganz nachhaltig beeindruckt hat. 1975: Die Publizistin und Philosophiewissenschaftlerin Hannah Arendt ist auf ihrer letzten Reise in die Schweiz. Bücher, Jahre, Narben schleppt sie mit auf dieser Tour. Die Fahrt im Zug wirkt einschläfernd und ruft gleichermaßen Erinnerungen wach, Hannah reminisziert über ihr Leben, ihre Arbeit, ihre Freundschaften …. und was für ein ereignisreiches Leben hat sie geführt! In Rückschaukapiteln lässt Hildegard E. Keller mich teilhaben an Studium, Flucht, Emigration in die USA, und bei vielen Gesprächen mit Freund*innen und Partnern bin ich dabei. Wie aus dem weltweiten Who's Who der Intellektuellen liest sich das, und bei manchem Namen, manchem Ereignis möchte ich gerne verweilen – erzähl mir mehr – doch die Autorin drängt weiter, weiter – es gibt noch so viel zu entdecken! Eine scharf denkende Philosophin zeichnet sie, aber auch zugewandt, warm, menschlich – immer engagiert und immer interessiert. Manchmal lässt sie Hannahs Gedankenfluss hin und her springen, wie im richtigen Leben natürlich, manchmal muss ich noch etwas dazu lesen, doch dieses "Studium", mein Eintauchen und Vertiefen meiner Arendt-Kenntnisse sind ganz wundervoll und ich genieße jede Romanseite ganz bewusst. Arendts Gedichte, die kannte ich bisher gar nicht, und woran hat sie zuletzt gearbeitet, mit wem korrespondiert? Einige Freundschaften zerbrachen über der Eichmann-Kontroverse. Die Autorin versteht auch dieses Thema sehr gut aufzubereiten und Intention, Arbeitsweise und Grundgedanken der Arendt-Reportagen werden hier ganz deutlich. Doch wie lange ist das schon her … und nun dieser letzte Sommer … viele Freunde sind gestorben, auch der Ehemann Heinrich Blücher, alleine fühlt Hannah Arendt sich nun, wie ein Blatt im Wind, frei und leicht zwar, aber ohne festen Halt. Sehr gut geschrieben und aufgebaut ist das alles und so lebendig dargestellt lässt sich Hannah Arendt als Person, Publizistin und Philosophin gut erfassen. Ich habe so viel gelernt und weiß, dieser Roman wird mich noch lange beschäftigen, ja beeinflussen.

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