mrsrabe
Kronsnest in der Elbmarsch. Ein kleiner Ort bäuerlichen Lebens. Dort lebt der 15-jährige Hannes mit seinen Eltern. Der erste Weltkrieg ist etwa 10 Jahre vorüber. Die Menschen gehen ihrer täglichen harten Arbeit nach. Die politischen Veränderungen im Land scheinen noch weit weg. Hannes’ Vater ist ein schwieriger Mensch, ein Perfektionist, jähzornig und impulsiv. Mit dem Erwachsenwerden des Sohnes hat er seine Schwierigkeiten, erträgt nicht, dass es im Haus einen „zweiten Mann“ geben wird, der eigene und noch dazu richtige Entscheidungen treffen kann. Die Mutter ist ein ruhiger, beschwichtigender Ausgleich zum Vater, eine loyale Ehefrau, eine, die versucht zu erklären, was den Vater antreibt. Hannes beginnt zunehmend sich an anderen zu orientieren, am Lehrer, an der großbäuerlichen Familie von Heesen. Vor allem Mara von Heesen hat es dem jungen Burschen angetan. Mara, die an allem in dieser Welt etwas Erstaunliches entdecken kann. Florian Knöpplers „Kronsnest“ ist ein Blick zurück auf eine traditionelle Gesellschaft. Wer in Kronsnest lebt, hat weder Zeit noch Mittel für große Veränderungen. Wer hier Bauer ist, wird Bauer bleiben, vorausgesetzt er kann den Betrieb wirtschaftlich erhalten. Die Welt rundherum schlittert in die Weltwirtschaftskrise, der aufkeimende Nationalsozialismus findet auch in Kronsnest fruchtbaren Boden. Doch der Roman streift die politischen Verwerfungen nur am Rande, - wenn Freundschaften am Spiel stehen. Mittelpunkt des Geschehens ist Hannes, der in der täglichen Ereignislosigkeit einer mühseligen Routine immer wiederkehrender Tätigkeiten, sich nach etwas anderem zu sehnen beginnt. Hannes ist naturverbunden, sensibel. Er hat Respekt vor den Tieren am Hof, egal ob diese Kapital oder Werkzeug sind, ganz im Gegenteil zum Vater. Sehr jung muss er viel Verantwortung tragen. Der Roman lebt von anschaulichen Beschreibungen der Landschaft der norddeutschen Elbmarschen. So wie Wasser fließt und sich Platz schafft, so erfahren wir viel von der Gedankenwelt des jungen Protagonisten. Karg in Worten im Gespräch, doch reich an Innenleben. Es gibt viele Schafe, auch diese schweigen. Viele Entscheidungen, die Hannes treffen müsste, werden ihm vom Leben, aber auch vom Sterben anderer abgenommen. Alles geht immer irgendwie weiter. Wenn am Schluss nicht alle Fäden verknotet sind, liegt das wohl auch daran, dass der Autor schon eine Fortsetzung der Geschichte geplant hat.