Glitzer
„Weil offenbar irgendetwas tief in mir drin noch Hoffnung hat, dass es irgendwann besser wird. Dass ich es schaffen könnte, dagegen anzukämpfen. Und endlich leben zu können, wie ein ganz normaler Mensch.“ (Everly in Push me slightly) Worum geht’s? Everly kann die ganzen Emotionen, die in ihr toben, nicht kontrollieren. Immer wieder ist sie überwältigt. Mehr als einmal stand sie schon an der Klippe und überlegte, zu fallen und gleichzeitig zu fliegen. Doch wieder vergeht an Abend, an dem sie es nicht wagt. Bis sie stolpert und fällt. Weston ist stets auf der Jagd nach einem Adrenalinkick. So steht er nachts auf seinem Surfboard und lässt sich vom Atlantik verschlingen. Bis er einen Schrei hört und eine junge Frau aus dem Wasser fischt, die scheinbar von der Klippe gesprungen ist. Eine schicksalshafte Zusammenkunft, die das Leben beider für immer verändern wird… Push me slightly ist Band 5 der Wrecked-Reihe von Katie Weber. Das Buch kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden und ist in sich geschlossen, die Charaktere der Vorbände kommen jedoch vor, wodurch es zu Spoilern kommen kann. Schreibstil und inhaltliche Hinweise Die Geschichte wird chronologisch, wechselnd aus Sicht von Everly und West in der Ich-Perspektive, erzählt. abwechselnd aus der Sicht von Alice und Kian in der jeweiligen Ich-Perspektive. Der Schreibstil ist sehr angenehm und gut lesbar. Ich habe das Buch in einem Zug gelesen. Sprachlich liegt das Buch auf einem normalen Niveau für New Adult Bücher, die Sätze sind nicht sonderlich komplex und daher kommt man leicht durchs Buch. Das Buch verfügt über wenige, aber sehr niveauvolle Erotikszenen. Das Buch beinhaltet potenziell triggernde Inhalte wie selbstverletztendes Verhalten und Suizidgedanken. Meine Meinung Es ist soweit. Band 5 der Wrecked-Reihe, das große Finale, der endgültige Abschied von 5 kaputten Jungs, die mich nunmehr seit über 2 Jahren begleitet haben. Vielleicht war das auch der Grund, wieso ich das Lesen des Buches solange herausgezögert habe, weil ich nicht bereit war, zu gehen. Zugleich war es aber auch von Anfang an die Geschichte von Weston, auf die ich am allermeisten hin gefiebert habe, weil er für mich immer der interessanteste und unvorhersehbarste Charakter war. Und meine Erwartung wurde in der Hinsicht auf jeden Fall erfüllt. Westons und Everlys Geschichte ist eine ganz besondere Geschichte. Sie beginnt mit einem extrem intensiven ersten Aufeinandertreffen, was einem Gänsehaut über die Arme jagt. Doch danach ist ihre Geschichte sehr handlungsarm – und das meine ich gar nicht negativ. Beide treffen aufeinander, als das Schicksal Everly offenbar aufzeigen möchte, dass sie mit ihren Wünschen auf dem Holzweg ist. Es ist Weston, der sie mitten in der Nacht aus dem Atlantik fischt und ihr damit das Leben rettet. Weston, von dem alle denken, dass er lebensmüde und ein kleines bisschen verrückt ist. Der das Mädchen rettet, was nicht mehr weiß, wie sie mit ihrem Leben und den ganzen Gefühlen in ihr überhaupt Leben soll, was aber zugleich Resthoffnung hat und nicht sterben will. Es sind zwei Extreme, so unterschiedlich und in schmerzhafter Weise doch ähnlich. Nach ihrer Rettung sucht Everly Weston auf, um ihn zu danken. Und hieraus entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft, die vielleicht von Anfang an schon mehr als das war. Sie sind Rettungsanker und ein Stück weit auch Realitätscheck füreinander. Weston gibt alles dafür, Everly zu helfen. Denn er ist bei weitem nicht so, wie alle denken. Hinter seiner Fassade steckt viel mehr, was unfairerweise runterreduziert wird. Weston hat ein Herz, was dafür schlägt, anderen zu helfen und sie in das Licht zu führen. Das merkt man nicht nur im Bezug auf Everly, sondern auch auf Casper. Casper, der autistische Bruder der Protagonistin aus Band 3, wird von Weston in liebevoller Art so wunderbar normal behandelt, dass es fast schon wehtat. An diesem Buch tat vieles weh. Die Verzweiflung von Everly, die beharrliche Hoffnung von Weston, die komplett falsche Einschätzung seiner Freunde. Es ist eine emotionale Geschichte, bei der es um weitaus mehr geht als die Liebesgeschichte. Everly und Weston lieben schnell, kompromisslos und vielleicht auch nicht unbedingt rational, aber das ist nicht schlimm. Denn beide sind so besonders, so ungewöhnlich, dass so eine Art von Liebe perfekt zu ihnen passt. Push me slightly war für mich der intensivste, ungewöhnlichste und zugleich auch komplizierteste Teil der ganzen Wrecked-Reihe. Während in den anderen Teilen noch immer eine gewisse Leichtigkeit mitschwang, die sich zu den Problemen der jeweiligen Paare gesellte, scheint es bei Weston und Everly anders zu sein. Die Geschichte ist schwer, ergreifend, sie ist wahnsinnig kompliziert – Weston und Everly sind beide einfach komplex und vielschichtig. Nicht immer handeln sie rational und greifbar, nicht immer mag es logisch sein, aber zugleich zeigt es diese unbegreifliche Struktur der Folgen eines Traumas. Die Zerrissenheit der Geschichte, der Charaktere, der Handlungen hat sich auch auf mich übertragen. Schwankend zwischen bedrückt, hoffnungsvoll, schockiert und ergriffen zog mich die Geschichte in ihren Bann. Es passiert insgesamt recht wenig an tatsächlicher Handlung, denn viel relevanter ist die Charakterentwicklung, die bei Everly sehr gut gelungen ist, bei Weston zwar auch beeindruckend, aber etwas weniger greifbar ist. Ich hätte mir hier noch ein wenig mehr gewünscht, was man bei guten Büchern aber ja oft hat. Dem Buch hätten ein paar dutzend Seiten mehr auf jeden Fall nicht geschadet, dennoch gehe ich mit einem zufriedenen Gefühl aus der Geschichte. Einfach, weil Everly und Weston so ungewöhnlich sind, dass man sie vielleicht nicht ganz greifen und vor allem begreifen kann. Mein wahres Highlight an dem Buch war aber eindeutig das Wiedersehen mit Casper. Ich hatte es damals in meiner Rezension zu Band 3 geschrieben und mir gewünscht, dass er mehr vorgekommen wäre, weil ich ihn so wahnsinnig interessant fand. Und jetzt spielt er eine recht zentrale Nebenrolle, die sowohl für Einblicke in Westons Kopf als auch für Everlys Entwicklung von sehr zentraler Bedeutung ist. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, ihn wiederzusehen. Er ist besonders, speziell, beeindruckend und bringt mit seinen Einschätzungen einen nüchternen, aber überraschend wichtigen Beitrag für die Nachvollziehbarkeit von Everly mit. Es hat mir gut gefallen, wie die Autorin ihn eingebracht hat, er hätte gern sogar noch präsenter sein dürfen. Ein paar Worte noch zum Ende des Buches und der Reihe. Das Ende kommt gewohnt leicht und schnell daher, wie ich es von der Autorin gewohnt bin und es ist stimmig, wenn vielleicht auch etwas abrupt. Die Autorin hat aber noch den Weg gewählt, einen allumfassenden Epilog zu schreiben, der noch einmal alle bisherigen 5 Pärchen und ihre Geschichten weiterentwickelt. Ich muss leider gestehen, dass diese sehr stereotypische 0815-Entwicklung für mich zu viel war und eigentlich nicht unbedingt zu den starken Büchern gepasst hat, die mehr als einmal mit den Klischees brachen. Sicher wird es zahlreiche Anhänger dieser Perfect Endings geben, ich gehöre leider nicht dazu. Deswegen nehme ich den Epilog mit einem leichten Schmunzeln zu Kenntnis und streiche ihn einfach direkt wieder aus meinen Gedanken. Mein Fazit Push me slightly ist ein wunderbar starker Reihenabschluss um zwei ungewöhnliche Protagonisten, die wahnsinnig kompliziert und unberechenbar sind, aber gerade mit ihrer Entwicklung und ihren rohen Emotionen sehr überzeugen können. Nicht so locker-leicht wie die Vorgänger, dafür aber auf eine einzigartige Weise beeindruckend verabschiede ich mich von dieser wunderbaren Reihe. Leseempfehlung für Band 5 – und die komplette Reihe! [Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]