Maya Rottenmeier
Es ist erschütternd, dass ein Mensch mehr Angst vor der Liebe haben kann, als vor der alles verschlingenden Dunkelheit. Dies ist mein zweites Buch von Elja Janus. Hat sie mich mit dem Ersten völlig aus den Angeln und damit aus meiner Komfortzone gehoben, fackelt sie mich mit dieser Geschichte komplett ab. Janus ist eine Virtuosin im Wortspiel. Alleine was sie aus dem Wörtchen „merkwürdig“ zaubert. Sie sieht etwas in ihnen, was mir ohne sie verborgen bliebe. Was für eine Gabe. Wie Janus schreibt, so satt, gehaltvoll, substanziell, da passt kein Millimeter zwischen den Worten und mir. Ich klebe förmlich in den Szenen, erlebe sie hautnah mit und spüre jeder Gefühlsregung hinterher. Ihr Schreibstil wirkt wie ein Brennglas. Alles wird herangezoomt und selbst die Winzigkeit einer Bewegung nimmt Goliath Ausmaße an. Das ist eine Kunst des Schreibens. Janus verschwendet keine Energie auf detailreiche Settings, sondern darauf, die Emotionen lebendig werden zu lassen. So fließen sie in jeden meiner Atemzüge und pflanzen sich tief in mein Herz, wo sie sich dauerhaft verwurzeln und ich ihre Früchte ernten kann. Sie dominieren die Geschichte mit einer Dringlichkeit und halten mich dabei unaufdringlich fest; sind einfach da und lassen mich nicht alleine. Das fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Zur Handlung: Sophie und Milo treffen sich nach fünf Jahren wieder und fühlen sich zueinander hingezogen, doch ihre Welten sind nicht kompatibel. Wird es ihnen gelingen, sie hinter sich zu lassen, um sich eine Neue zu erschaffen? Ein neues Königreich? Ihr Königreich? Was für imponierende Figuren: Sophie Seidel ist 32 Jahre alt und arbeitet als Deutschlehrerin. Ihr Leben verläuft in geordneten Bahnen und es gibt keinerlei Überraschungen in diesem Trott. Welche Macht ihre Erziehung auf jede ihrer Handlungen hat, erlebe ich überdeutlich. Sophies Entwicklung beeindruckt und berührt mich gleichermaßen. Miloslaw Nowak, genannt Milo ist ihr ehemaliger Schüler und 21 Jahre alt. Sein Herz gleicht einer Geisterstadt, bis er Sophie trifft. Wirklich trifft. Und was dann abgeht, beschert mir eine Dauergänsehaut. Ich inhaliere alles von ihm und er kriecht mir tief unter die Haut. Seine Wandlung ist eindrucksvoll und lässt mich staunen. Die Umsetzung: Milo und Sophie kommen aus unterschiedlichen Kreisen und ich bin erschüttert, als mich all die Feinheiten erreichen, die beide Welten ausmachen. Was für krasse Gegensätze und damit meine ich nicht nur die Gesellschaftlichen, sondern die Winzigkeiten, die uns täglich umgeben, oder nicht, und eben die Besonderheiten des Alltages darstellen. Laut, leise, hektisch, still, desillusioniert und hoffnungsvoll und am Ende weniger abweichend als zuerst angenommen. „Du bist die einzige Kurzwahltaste, die mein Herz besitzt.“, aus „Zwei in Solo“. Manche Sätze lassen mein Herz stolpern und sich dann vor Wärme in der Brust ausbreiten. Bei diesem vertieft sich das Lächeln in meinem Gesicht. Die Geschichte wird aus den wechselnden ich-Perspektiven im Präsens geschildert, was hier auffallend gut passt. Zuerst wirkt alles so klar, doch je weiter ich lese, umso mehr verschwimmt es, ändert sich, wobei sich gar nichts verändert, außer meiner eigenen Sichtweise und schon sehe ich alles mit anderen Augen. Diese Erkenntnis überrascht mich nur wenig, doch wie spielerisch Janus mich in alles hineinzieht und das erst möglich macht, ist überwältigend. Das Buch wühlt mich heftig auf und Janus macht mein Herz schwer. In den Lesepausen kreisen meine Gedanken um die Protagonisten und ich bin jedes Mal froh, wenn ich hoffnungsvolle Lichtblicke lese, doch mir ist klar, dass es nicht so bleiben wird. Ich danke Janus für die essenziellen Charaktere, die mich mit Angst, Liebe, Schmerz, Hoffnung und einer tiefen Überzeugung erfüllen. Ich lese erstaunliche Wendungen und es wird tiefgründig, dabei sinke ich bis zum Geo-Zentrum. Mein Fazit: In „Zwei in Solo“ wird es bewegend, tiefsinnig, poetisch, gehaltvoll, spannungsgeladen und leidenschaftlich. Wer eine leichte Story für zwischendurch sucht, lässt bitte die Finger von diesem Buch. Bei dieser Geschichte gibt es nur zwei Möglichkeiten, auch wenn Milo sicher anderer Ansicht ist: alles oder nichts. Dieses Buch wurzelt sich entweder tief im Herzen seines Lesers ein und hinterlässt Geschenke, die nahezu magisch wirken, oder es überfordert den Bücherfreund und stößt auf Ablehnung. Dazwischen ist meiner Meinung nach nichts denkbar und genau solche Bücher liebe ich über alles. Ich danke dir, liebe Elja Janus, für diese ergreifende Story. Von mir erhält „Zwei in Solo“ 5 herzergreifende Sterne von 5 und eine absolute und unbedingte Leseempfehlung.