Profilbild von mounddiemachtderbuchstaben

mounddiemachtderbuchstaben

Posted on 8.3.2021

Zugegeben der “Sündenfresser Shikhu” hatte es mir am Anfang wahrlich nicht leicht gemacht. Der Einstieg in die Geschichte war nicht langweilig, aber mit einer unglaublichen Detailfülle angereichert, dass für mich nur langsames Lesen möglich gewesen ist. Ständig hatte ich Sorge, dass mir irgendwelche wichtigen Kleinigkeiten entgehen würden. Hinzukamen reichlich Nebenfiguren mit teilweise detaillierten Beschreibungen und haufenweise Namen. An mancher Stelle war ich mir nicht sicher, ob ich mir das alles würde behalten müssen und es für den späteren Verlauf überhaupt relevant sein würde. Hinzu kam eine sehr ausgefeilte Fantasy Welt mit fremden Bezeichnungen für Orte und anderen Gepflogenheiten. Trotzdem gefiel mir diese doch recht düster gezeichnete Welt sehr gut. Die beschriebene Postapokalypse war sehr eindrücklich und die noch immer andauernden verheerenden Auswirkungen des Krieges rund 900 Jahre zu vor waren deutlich spürbar. Gleichzeitig bedrückend wie faszinierend. Auch wenn ich hier in einer Fantasy Welt mit Magie gelandet war, so hatte dieses Weltenkonstrukt doch stellenweise frappierende Ähnlichkeit mit unserem bekannten Diesseits. Das machte für mich die Geschichte greifbarer, ich fühlte mich ihr näher und wollte mehr wissen. Der Fokus des auktorialen Erzählers lag komplett auf Kain, der für mich ein waschechter Antiheld gewesen ist. Sein Charakter wurde haargenau auf eine vielschichtige und tiefe Weise gezeichnet, dass er beim Lesen für mich zu einer durch und durch lebendigen Figur wurde. Kain war niemand, der ich gern selber wäre, und doch war mir dieser Meuchelmörder sympathisch. Vor allem seine ruppige Art und seine grobe Sprache verlieh dieser gedrückten, teilweise beinahe schwarzen Stimmung Pfiff. Mit ihm wurde es einfach nie langweilig. Meistens dann nicht, wenn noch Mercutio mit ins Spiel kam. Der als “schillerndste Diva von Mervha” bezeichnete Mann, lockerte alles auf und war ein echter Stilbruch zu dieser düsteren Geschichte. Auch wenn seine Anwesenheit im Buch überschaubar war, wurde er zu einem lieb gewonnenen Charakter. Mein heimlicher Star in diesem Buch war aber Cisco. Den Meisterdieb hatte ich beinahe sofort fest in mein Herz geschlossen und er war das perfekte Gegenstück zu Kain. Die Art, wie sich die beiden ergänzten, hatte beinahe schon etwas Liebendes an sich. Nicht, dass es in diesem Buch viel Liebe gegeben hätte. Oh nein. Eher gab es nur einen Hauch davon zu erahnen. Meistens floss Blut in allen möglichen Stärken und es gab reichliche Kämpfe auszufechten. Der Aufbau der Geschichte gefiel mir. Es gab eingestreute Zeitsprünge in die Vergangenheit, die stets einen neuen Faden auswarfen, der irgendwie mit dem aktuellen oder zukünftigen Geschehen verknüpft werden würde. Manches erschloss sich gleich anderes, blieb nebulös und heizte die Spannung kräftig an. Allerdings sorgte dies auch hin und wieder für Handlungssprünge. Auch hier war nicht immer gleich der Sinn dahinter sichtbar, aber dadurch wurde die Geschichte unglaublich komplex. Der reine Fantasyanteil kam in dem Buch relativ spät richtig zum Vorschein. Klar, anfänglich wurde immer mal wieder auf die Besonderheiten dieser Welt hingewiesen, aber erst nach gut zwei Drittel des Buches ging es wirklich damit los. Und genau das war mein Glück. Nun steckte ich schon voller Faszination und Spannung mitten drin. Loki Feilon hatte mich also still und heimlich schon längst in ihren atmosphärisch dichten, sehr bildreichen und angenehm flüssigen Schreibstil eingewickelt, ehe mir der Fantasy Teil so richtig bewusst wurde. Nun hatte ich Feuer gefangen und wollte die Geschichte freiwillig nicht mehr verlassen. Extrem gut gefallen hatte mir, dass an manchen Stellen ein eher abgehakter Erzählstil vorkam. Dabei intensivierte er die aktuelle Szenerie und machte die darin befindlichen Emotionen eindrucksvoller, mächtiger. Die Atmosphäre wurde dadurch beinah greifbar, was mich noch mehr in den Bann dieser Erzählung schlug. Das offene Ende war irgendwie gemein. In meiner Blutbahn kribbelt die Neugier wie Blubberbläschen in einer Sektflasche. Ich muss unbedingt wissen, wie es mit den lieb gewonnenen Figuren weitergeht und ob es tatsächlich Hoffnung für diese finstere Welt gibt. Fazit: Eine dystopische Welt, die mich Stück für Stück in ihren Bann gezogen hatte und von einem Antihelden dominiert wurde, der mit seinem Charakter zu überzeugen wusste. Wer Dark Fantasy liebt, muss dieses Buch lesen.

zurück nach oben