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Wedma

Posted on 5.3.2021

Diesen Roman habe ich sehr gern gelesen und empfehle ihn auch gern weiter. Man kann bei dieser Geschichte kaum unbeteiligt bleiben. Surie, so viel menschlicher Wärme, Güte und Liebe in einer Person, nimmt den Leser bei der Hand und führt durch ihr Leben und das Leben ihrer Gemeinde. Faszinierend zu sehen, wie die Menschen nach den strickten Vorgaben ihrer Vorfahren noch heute in New York leben, wie sie ihre Feste feiern, wie sie insg. ihr Leben gestalten, die vielen Kinder, die sie in die Welt setzen und nach dem Muster erziehen, nach dem sie selbst erzogen wurden, wie sie denken, wie sie die Welt sehen uvm. Clash der Kulturen kommt hier sehr gut zur Geltung. Klappentext beschreibt die Eckpunkte sehr gut: „Eine Frau am Wendepunkt. Ein Geheimnis, das sie von allen trennt, die ihr wichtig sind. Und die Möglichkeit, mit viel Verständnis füreinander Brücken zu schlagen. Surie Eckstein erfüllt ihr Leben als Oberhaupt einer Großfamilie. Sie erwartet gerade ihr erstes Urenkelkind, als eine Katastrophe eintritt – oder ist es ein Gottesgeschenk? Mit 57 Jahren ist sie noch einmal schwanger - mit Zwillingen! Plötzlich fühlt sich Surie, in der chassidischen Gemeinde von Brooklyn hochangesehen und ständig von Menschen umgeben, völlig allein. Nicht einmal Yidel, der nicht nur ihre große Liebe, sondern auch ihr bester Freund ist, wagt sie sich anzuvertrauen, so groß ist ihre Scham. Denn was sollen bloß die Leute denken? Zum ersten Mal stellt Surie die starren Regeln infrage, die ihr ganzes Leben geprägt haben.“ Bei allem, was passierte, bei all Suries Erinnerungen war es so atmosphärisch und zum Greifen nah! Da hatte ich den Eindruck, mitten im Geschehen zu sein und mit Surie diese Strecke ihres Lebensweges zu gehen. Und ich war gern dabei, was froh, zu dieser Geschichte zurückkehren zu können. Gute Portion Gemütlichkeit, das Familienleben dieser Menschen, die gelebte Gemeinschaft, aber auch die latente Spannung, die dem Ganzen innewohnte, brachten mich zuverlässig abends zu Surie zurück. Und wie jedes tolle Buch, war es viel zu schnell ausgelesen. Es gibt viele Themen, die hier zur Sprache kommen. Auch und gerade das Thema derjenigen, die aus dem vorgegebenen Rahmen herausfallen, wie Suries Sohn Lippa seinerzeit und Surie selbst, die ihr Leben lang sehr konservativ und regeltreu war, und nun unverhofft mit 57 schwanger wurde, was ihr Leben und ihre Weltsicht auf den Kopf stellte und vieles überdenken, neu bewerten ließ. Dieses Hinterfragen der bestehenden Verhältnisse, worauf Surie sonst nie gekommen wäre, ist ein Meilenstein in ihrem Leben und evtl. auch im Leben ihrer Gemeinde. „Eine ganze Welt“ ist es ein sehr lesenswerter Roman. Erinnert ein wenig an die französischen Filme, die eine Zeit lang das Leben der Menschen zeigen und plötzlich zu Ende sind. Hier gibt es aber schon eine Pointe, obschon eine tragische. Diese Geschichte wurde mit Sinn und Verstand, mit viel Herz geschrieben. Die reife Persönlichkeit der Autorin blickt sowohl im Konzept als auch in jedem Satz durch. Eine sehr beeindruckende, großartig erzählte Familiengeschichte. Bitte mehr davon.

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