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Merle

Posted on 1.3.2021

Wenn es einem ähnlich wie mir ergeht und den Namen Edith Sitwell zuvor noch nie gehört hat, dann erfährt man in der genaueren Inhaltsbeschreibung, dass Edith Sitwell eine historische Persönlichkeit ist und der Roman ihre Lebensgeschichte mit den Leben der fiktiven Figuren der Banister-Frauen verknüpft. Edith Sitwell, Lyrikerin und Exzentrikerin, eckt an und scheint ihrer Zeit vorausgewesen zu sein. Sie wurde belächelt und abgelehnt. Edith Sitwell ist alles andere als langweilig. Und so ist auch dieses Buch alles andere als langweilig. Im Roman begleiten wir das Leben der exzentrischen Dichtern ab dem Tag ihrer Geburt und erhalten so Einblicke in ihre Beziehung zu ihren Eltern, ihr künstlerisches Schaffen und ihre Glanzstunden ebenso wie in ihre dunkelsten Stunden. Während man Edith Sitwell auf ihrem Lebensweg begleitet erhält man einen lebhaften Einblick in die internationale Künstlerszene. Zentrale Schwerpunkte bilden hierbei die Jahre 1927 und 1964, die nicht nur für kulturelle, sondern auch politische Umbrüche stehen. Geschickt verknüpft Veronika Peters Fiktion mit Realität und zeichnet ein lebhaftes Bild einer außergewöhnlichen Frau. Sie verknüpft Zeitgeschichte mit fiktiven Ereignissen und schafft so ein eindrückliches Leseerlebnis. Der Schreibstil der Autorin ist atmosphärisch und versetzt einen direkt in die Zeit der Dame Edith Sitwell. Es lässt sich wunderbar flüssig und leicht lesen, weshalb die Seiten nur so dahingeflogen sind. Tatsächlich allerdings erst bei meinem zweiten Anlauf. Als ich das erste Mal zu diesem Roman gegriffen habe, habe ich ihn nach sechzig Seiten genervt beiseitegelegt, weil ich einfach nicht in die Geschichte reingekommen bin. Beim zweiten Anlauf war dann alles anders und die Geschichte konnte mich direkt fesseln. Wahrscheinlich hat es beim ersten Mal einfach nicht gepasst. Die Autorin zeichnet ein recht lebhaftes Bild der Vergangenheit und lässt den/die Leser*innen direkt in die damalige Zeit eintauchen. So werden bspw. auch sehr eindrücklich die Schrecken des Zweiten Weltkrieges geschildert, ohne dabei von der eigentlichen Thematik abzulenken. Das schillernde Leben der Dame Edith Sitwell findet nur am Rande statt. Theatervorstellungen, Soireen und Treffen mit weltbekannten Persönlichkeiten spielen eher eine untergeordnete Rolle, stattdessen steht ihr Leben in bescheidenen Wohnungen in London und Paris im Fokus und ihre Alkoholsucht und Krankheit. Außerdem nehmen ihre Freundschaft zu dem weltbekannten Fotografen Cecil Beaton und ihre Hörigkeit zu dem Maler Pavel Tchelitchew eine große Rolle ein. Obwohl die Geschichte aus der Sicht der fiktiven Hausmädchen Emma und Jane Banister, Mutter und Tochter, erzählt wird, bekommt man trotzdem einen guten Einblick in das Gefühlsleben von Edith Sitwell, durch Rückblenden erfährt man so bspw. wie es zu dem Zerwürfnis zwischen Edith und ihren Eltern kam. Allerdings ist es trotzdem nicht verwunderlich, dass die Hausmädchen einem beim Lesen oft näher waren als die eigentliche Hauptfigur, so erfährt man Ediths Gedanken und Gefühle nur aus zweiter Hand und bekommt nur das zu sehen, was sie die Hausmädchen sehen lässt, während man nahezu ungefiltert Zeuge von Emma und Janes Gedanken und Gefühlen wird. Da Edith Sitwell mir eine bis dato unbekannte Persönlichkeit war, könnte ich jetzt nicht sagen, ob mir manche Aspekte ihres Lebens gefehlt haben, aber ich kann sagen, dass ich schon beim Lesen immer wieder ein wenig zu ihrer Person recherchiert habe und sehr neugierig auf ihre literarisches Schaffen bin.

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