Babscha
Zwei amerikanische Familien stehen im Mittelpunkt dieser einen Zeitraum von fast 50 Jahren umspannenden Erzählung . Alles beginnt in 1973 mit der Zusammenarbeit der New Yorker Streifenpolizisten Francis Gleeson und Brian Stanhope in ihrem Problembezirk in der South Bronx. Beide Männer ziehen später mit ihren Frauen in direkt benachbarte Häuser nach Gillam, einem ruhigen Wohnvorort der Metropole. Lena Gleeson, eine bodenständige, praktisch veranlagte Frau, bringt drei Töchter zur Welt, aus der Ehe der Stanhopes resultiert ein Sohn, Peter. Die jüngste Tochter der Gleesons, Kate und ihr Nachbar Peter fühlen sich von klein auf sehr eng verbunden, teilen all ihre Gedanken und Wünsche, eine echte Seelenverwandtschaft. Eigentlich also beste Voraussetzungen für ein gutes Miteinander, wäre da nicht Anne Stanhope, Brians Ehefrau, eine unberechenbare, psychisch kranke Person, die gluckenhaft über ihren Sohn wacht und der dessen enge Verbundenheit mit Kate absoluter Dorn im Auge ist. Die hierdurch ohnehin immer stärker belastete Situation unter den Nachbarn eskaliert Jahre später in einer plötzlichen Gewaltexplosion, als Anne während eines psychotischen Schubs Francis Gleeson mit der Dienstpistole ihres Mannes in den Kopf schießt. Der Roman überzeugt auf ganzer Linie durch seine überlegte, abgeklärte, aber auch immer wieder intensive und gefühlvolle Sprache sowie seine gut konturierten Figuren mit all ihren Stärken und Schwächen, die wir hier über Jahrzehnte begleiten und in denen sich das wahre Leben mit seinen komplizierten familiären Beziehungsgefügen in all seinen schönen wie problematischen Facetten hervorragend widerspiegelt. Mal gemächlich, dann wieder schnell Jahre nach vorn treibend erzählt der Roman, wie sich nach dem Fiasko die Umstände und Lebenswege der einzelnen Personen in beiden Familien mit vielen, teils überraschenden Wendungen entwickeln, insbesondere natürlich, wie sich das weitere Leben von Kate und Peter gestaltet. Das Ende hat dann zwar einen leichten, typisch amerikanisch-literarischen Beigeschmack, aber die ganze davor liegende Geschichte macht dies komplett wett. Ein wirklich entspannendes, wunderbar zu lesendes Buch für Menschen mit Faible fürs Abtauchen in komplex-problematische Familiengeschichten in einem gelungenen, zeitgemäßen Mix aus menschlichen Unzulänglichkeiten und hieraus resultierenden Verfehlungen, großen Gefühlen, innerer Stärke, Schuld und Vergebung.
