mabuerele
„...Finn müsste auf ihrem Platz sitzen. Er hatte eine Familie. Eine Frau und zwei Kinder, die darauf warteten, dass er zu ihnen zurückkehrte. Die ihn brauchten. Doch er war fort...“ Hannah ist mit Finn in Brasilien unterwegs. Ihr Job ist es, die Fotos zu schießen, die er braucht. Dann aber reißt eine Lawine aus Geröll und Schlamm ihr Auto in einen Fluss. Hannah überlebt und nimmt den nächsten Flieger nach Deutschland. Sie macht sich Vorwürfe. Warum hat Finn auf den Fahrersitz gesessen und nicht sie? Warum sind sie nicht eher losgefahren? Die Autorin hat einen berührenden Gegenwartsroman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Nach dem Geschehen in Brasilien kommt Hannah bei ihren Eltern in Berchtesgaden unter. Hier können ihre körperlichen und seelischen Verletzungen ausheilen. Vor zehn Jahren hat sie den Ort verlassen, weil es sie in die Welt zog. Ihre beiden Schwestern sind geblieben. Die eine arbeitet in der Mühle der Tante, die andere ist Hebamme. Nach kurzer Zeit zieht auch Hannah zur Tante. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er ist abwechslungsreich. So wird mit passenden Metaphern die Schönheit der Landschaft beschrieben. „...Der Sternsee lag vor ihnen. In seiner glatten Oberfläche spiegelten sich die letzten Sonnenstrahlen. Je nach Tageslicht glich er einem Meer aus Diamanten, glänzte türkisgrün oder wie jetzt in einem dunklen, satten Farbton, der an Smaragde erinnerte...“ Viel Raum gibt die Autorin den Emotionen der Protagonisten. Da ist die Angst der Mutter, die mit dem Schweigen von Hannah nicht umgehen kann. Hannahs Schuldgefühle blenden das Geschehen aus. Sie kann weder ihren Koffer öffnen, noch sich um die Bilder kümmern. Es ist die Zuneigung der Schwestern und deren Feingefühl, was sie langsam wieder aus ihrer Erstarrung erwachen lässt. Ihre Tante Louisa lässt ihr außerdem Freiraum. „...Hannah war sich nicht sicher, ob sie jemals wieder eine Kamera in die Hand nehmen konnte, aber sie schaffte es zumindest, nicht in ihre dunklen Gedanken abzudriften...“ Und dann steht sie plötzlich Jacob gegenüber, dem Freund ihrer Jugend. Als sie vor zehn Jahren den Ort verlassen hat, ließ sie ihm nichts als einen Brief. Bei ihren gelegentlichen Besuchen bei den Eltern sind sie sich bewusst nie über den Weg gelaufen. Doch die Blicke sprechen Bände. Da klimmt noch ein Feuer, was sie eigentlich schon gelöscht glaubten. Es braucht Zeit, bis Hannah sich öffnet und bis sie weiß, was sie in der Zukunft will. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.