breonna
Eine Geschichte wie ein ruhiger Fluss Wer langsam und zart erzählte, poetische Geschichten liebt, dem könnte dieses Buch gefallen. Wer hingegen auf der Suche nach mitreißender Spannung ist, wird nach der Lektüre wahrscheinlich enttäuscht sein. Natsu Miyashita schickt ihren Protagonisten auf eine Reise in die Welt der Klänge und auf eine Reise zu sich selbst. Als Tomura im Alter von 17 Jahren einem begabten Klavierstimmer bei der Arbeit zusieht, entbrennt in ihm der Wunsch, ebenfalls diesen Beruf zu erlernen. Von diesem Tag an widmet er sich ganz und gar diesem Ziel. Er arbeitet unermüdlich, erlebt Fortschritte und Rückschläge und muss erfahren, dass Beharrlichkeit sowie die Bereitschaft, ein Leben lang dazuzulernen, ihn der Erfüllung seines Traumes näherbringen. Die Geschichte fühlte sich für mich an wie ein ruhiger Fluss, der sich durch eine schöne, friedliche Landschaft schlängelt. Es gibt keine Momente des Erschreckens oder atemloser Erwartung. Stattdessen wird man als Leser einfach immer weiter getragen, ganz sanft und stetig. Die Autorin schreibt dabei schnörkellos, aber nicht trocken. Viel Raum nehmen die Gespräche zwischen Tomura und seinen Kollegen ein, in denen Weisheit und auch ein feiner Humor mitschwingen. Ab und zu gibt es Passagen zur Musiktheorie, die mich persönlich (ich bin selbst Musikerin) nicht im Lesefluss unterbrochen haben. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass jemand, dem die Fachbegriffe fremd sind, an diesen Stellen ins Stocken geraten könnte. Und vielleicht steckt am Ende auch ein wenig zu viel japanisches Klischee in dem Buch. Zum Beispiel, dass Tomura aus einem Bergdorf stammt und – laut seinen Kollegen – aus genau diesem Grund besonders bescheiden und fleißig ist. Als könnte es gar nicht anders sein. Mit den Figuren bin ich leider nur zum Teil warm geworden. Besonders die Zwillinge blieben für mich eher blass; die Unterschiede zwischen ihnen empfand ich als zu wenig herausgearbeitet. Dennoch habe ich das Buch genossen, weil es eine entspannte Lektüre war, die mir das Thema Klang von einer ganz neuen Seite gezeigt hat. Zukünftig werde ich Klaviermusik sicherlich anders wahrnehmen als früher.