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meinzeilentraum

Posted on 18.2.2021

Ich habe das Buch ganz unvoreingenommen begonnen, obwohl mir Lars Kepler schon etwas sagte. Ich habe 3 Bücher des Autorenduos auf meinem SuB liegen, leider hatte ich noch keins von ihnen gelesen, sodass „Der Spiegelmann“ sozusagen eine Premiere für mich war – und sie war so vielversprechend, dass ich mir direkt 2 weitere Bücher der Autoren angeschafft habe haha :D Der Klappentext klingt ja schon spannend, aber was, wenn ich euch sage, dass die Story einfach vieeel komplexer und besser war, als man es auf den ersten Blick vermutet hätte? Ich habe nach dem Lesen des Klappentexts eine gute Geschichte erwartet, es hatte mein Interesse geweckt, aber ich bekam als Leserin einfach so viel mehr. Beginnen wir mal am Anfang – wir lernen das Opfer kennen, das wie im Klappentext beschrieben später auf einem Spielplatz gefunden wird – doch wir lernen sie kennen, als sie noch lebt und erfahren durch sie, wo sie hingebracht wird, wie die Umstände sind etc. Und ganz ehrlich? Ich wollte nicht, dass dieses Mädchen stirbt! Sie war so verdammt schlau und hat es – genau wie die anderen Mädchen im Buch – einfach nicht verdient :( Aber ich wusste es ja die ganze Zeit wegen des Klappentextes, dennoch wollte ich es nicht wahrhaben :( Da, wo ihr Mörder sie hinbringt, ist es einfach nur grausam und das ist auch ein Punkt, den ich leider etwas kritisieren möchte, denn ich fand einzelne Szenen unnötig brutal beschrieben. Aber ich kannte mich halt nicht mit dem Schreibstil von Lars Kepler aus, weiß also nicht, ob seine anderen Bücher genauso sind. Ich musste teilweise schon hart schlucken, obwohl ich schon viele grausame Sachen in Thrillern gelesen habe. (Hinweis: am Ende der Rezension gibt es Triggerwarnungen) Ich muss gestehen, anfangs habe ich das Buch öfter weggelegt, weil ich es schon so empfand, als ob die Geschichte relativ spät an Fahrt aufnimmt – aber es war unfassbar fesselnd, als die Ermittlungen endlich losgingen und ich habe die restlichen 400 Seiten durchgesuchtet. Was mich zunächst auch verwirrte, waren die verschiedenen Storylines, die gleichzeitig erzählt wurden, denn ich stellte mir die ganze Zeit die Frage: „Ja aber was hat das denn jetzt damit zutun?“ Falls ihr auch an diesen Punkt gelangt, seid euch sicher, dass am Ende alles einen Sinn ergeben wird ;) Wie bereits erwähnt gibt es anfangs auch Szenen aus Jennys Sicht – Jenny ist das Opfer, das später auf dem Spielplatz gefunden wird. Zudem lernen wir eine andere Familie kennen, deren Tochter anscheinend ertrunken ist und dann ist da natürlich noch Joona Linna, den wir bei den Ermittlungen begleiten. Seine Chefin konnte ich leider nicht leiden, da ich es nicht mag, wenn Menschen dabei behindert werden, gute Arbeit zu leisten und ja, er ist vielleicht ein Draufgänger, aber er scheint auch der schlauste Bursche von ihnen allen zu sein, denn er will weitere Morde verhindern. Warum mich dieser Aspekt so gestört hat, liegt darin begründet, dass ich mir nur zu gut vorstellen kann, dass nicht nur der bei der Polizei so gearbeitet wird nach dem Motto „Bloß keine Risiken eingehen, ich will meinen Job behalten, hör auf den Boss“ und da ist für mich der eigentliche Sinn des Berufs, nämlich Verbrechen aufzuklären, verloren gegangen. Fälle aufzudecken ist irgendwie zweitrangig geworden… und genau deshalb würde ich mir mehr Joona Linnas wünschen, die Risiken eingehen, um Menschen zu retten. Ich hatte eben eine Familie angesprochen, die ebenfalls eine Tochter verloren hatte – hier lernen wir u.a. Martin kennen, den Vater, der schon einige Traumata in seinem Leben erlitten hat und durch seine Psyche immer noch stark eingeschränkt ist. Dieser Mann tat mir so unfassbar leid, ich hätte es seelisch nicht verkraftet, eine Ehe mit jemandem zu führen, der sich nicht traut, mit mir zu sprechen. Die verschiedenen Handlungsstränge wurden am Ende wirklich super zusammengeführt und ich habe die letzten 300 Seiten des Buchs einfach nur gefeiert – die Spannung war toll, die Auflösung war wirklich überraschend (ich LIEBE Twists, die ich nicht vorhergesehen habe!) und der Schreibstil war super angenehm zu lesen und fesselnd. Ich habe gar nicht gemerkt, dass die Autoren mich zwischenzeitlich auf eine komplett falsche Fährte gelockt haben… ich war mir so sicher! Wenn es jene Person gewesen wäre, wäre das schon eine gute Auflösung gewesen, aber die wirkliche Auflösung war wirklich ein Meisterwerk in meinen Augen. Ab hier werde ich auf den Inhalt eingehen, also seid gewarnt ;) Ich werde auch auf das Ende eingehen und somit spoilern, wer der Täter ist. Sobald dieser Teil beendet ist, seht ihr in fettgedruckt SPOILER ZU ENDE und ab da könnt ihr gerne weiterlesen :) Was ich nicht verstehen konnte, war, warum Martin keinen Schutz erhielt, als er zum Kronzeugen wurde und eine Drohung vom Täter erhielt? Außerdem frage ich mich, wie Martin sich in all den Jahren so krass kontrollieren konnte, dass Caesar in Pamelas Gegenwart nicht zum Vorschein kam – warum hat er es über zehn Jahre geschafft und dann auf einmal nicht mehr? Des Weiteren hätte ich wirklich gerne erfahren, warum das Mädchen Blenda so anders war als die anderen Mädchen und nicht fliehen wollte? Wieso hielt sie zu der Großmutter und Caesar? Ich hätte auch so gerne eine Szene im Buch gehabt, wo die Mädchen, die überlebt haben, wieder auf ihre Familien treffen. Das mag etwas rührselig klingen, aber das habe ich irgendwie vermisst… Das hätte dem Buch nochmal einen ordentlichen Emotionsboost gegeben und das „Happy End“ noch schöner gemacht, obwohl man es nicht richtig Happy End nennen kann, wenn man an all die Mädchen denkt, die es leider nicht nach Hause geschafft haben :( Ich glaube an Jennys Tod hatte ich am meisten zu knabbern, weil wir sie am Anfang ja noch ausführlich kennenlernen und sie war so schlau.. Es hat mir das Herz gebrochen, dass sie es nicht geschafft hat… Und nun nochmal zu dem Thema Brutalität – denn davon gab es meiner Meinung nach zu viel im Buch. Ein Mädchen wurde abgeschlachtet, weil es Durst hatte? Das andere, weil es seine Menstruation hatte? Die Hundekämpfe waren… ich habe keinen Worte dafür, ich weiß gerade gar nicht, was ich schreiben soll, ich schüttele mich nur. Es ist echt nichts für schwache Nerven, ich musste es wirklich stellenweise überfliegen oder weglegen, weil ich es nicht ertragen habe. Kleiner Nachtrag, wo ich gerade die Triggerwarnungen geschrieben habe – war Pamelas Seitensprung eigentlich so unwichtig? Der wurde ja überhaupt nicht mehr thematisiert, was mich gestört hat, denn sie hat es Martin nie gesagt und ich bin kein Fan von Fremdgängern. SPOILER ZU ENDE Insgesamt gebe ich dem Buch 4 von 5 Sternen – den 1 Stern ziehe ich wegen der überzogenen Brutalität, der am Anfang schleppenden Handlung und den für mich offen gebliebenen Fragen im Spoiler-Teil ab. Dennoch war es wirklich ein tolles Buch, das nicht nur grandiose Wendungen hatte, sondern mich auch fesseln und überraschen konnte. Es gibt an dieser Stelle definitiv eine Leseempfehlung von mir, auch wenn man starke Nerven braucht. Und hier kommen jetzt noch die Triggerwarnungen, die mir im Buch wirklich gefehlt haben, lieber Verlag: TW: Vergewaltigung, psychische Erkrankung (u. a. Psychosen/Zwänge), Misshandlung, sehr gewalttätige Szenen, Hundekämpfe bzw. Tiermisshandlung, Drogenmissbrauch, Entführung, Fremdgehen

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