Bücherratte
„Es gibt nur ein ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord.“, das schrieb schon Albert Camus und soll wohl damit Recht behalten, denn noch immer ist die Selbsttötung ein sehr brisantes und umstrittenes Thema. In Ferdinand von Schirachs Theaterstück "GOTT" geht es um den kerngesunden Herrn Gärtner, der den Wunsch hegt, zu sterben. Darf er dies tun und seine Ärztin um dementsprechende Assistenz bitten? Auf ausführliche und anschauliche Weise erläutern die Charaktere in einer Art Prozess nun ihre Standpunkte und beleuchten die Thematik aus verschiedenen Perspektiven. Wie ist die aktuelle Rechtslage in Deutschland? Wie handhaben es andere Länder, wie z.B. die Schweiz? Und welche Ansichten vertreten Ärzt:innen und die Kirche? Besonders ist in diesem Stück der Bruch der vierten Wand, ganz im Stile des epischen Theaters, der das Publikum aus ihrer sonstigen Passivität holt und sie zu aktiven Teilhabenden macht. Sie sollen die Rolle des Ethikrates einnehmen und ihre eigenen Standpunkte, auf Grundlage der Fakten und Argumentationen der Charaktere, manifestieren. Nach dem ersten Akt soll bei einer Aufführung also eine Abstimmung erfolgen, ob Herr Gärtner Anspruch auf Medikamente hat, die seinen Tod herbeiführen, was ich mir bei guter Umsetzung seht interessant vorstelle, beim reinen Lesen jedoch nicht nachvollziehen kann. Die Handlung ist also sehr ruhig, jedoch in keinem Moment langweilig. Ich verschlang das Werk an einem Abend und markierte mir dabei gefühlt das halbe Buch, da so viele interessante und aufschlussreiche Dinge benannt werden. Besonders interessant empfand ich die Argumentation seitens der Kirche und wie Herr Gärtners Anwalt gegen diese argumentiert hat. Im Anhang befinden sich noch drei Essays, die das Thema der Selbsttötung aus ethischer Sicht erörtern. Auch diese waren recht interessant. Für mich ein durchaus gelungenes Werk, an dem ich nichts auszusetzen habe und das ich bald wieder auf Deutschlands Theaterbühnen zu sehen hoffe!