Maya Rottenmeier
4,5 Sterne Hunde gehören schon immer zu meinem Leben, auch wenn ich erst seit 2008 meinen ersten Hund bekam, habe ich von Kindesbeinen an die Vierbeiner in der Nachbarschaft ausgeführt. Seitdem lerne ich dazu – jeden Tag. Einmal durch unseren Hund, Emmy, inzwischen unsere zweite Hündin und dann durch Literatur, die ich mit Begeisterung verschlinge. Alles, was mit Hunden zutun hat, erweckt mein Interesse. In „Hunde erforscht – für die Praxis erklärt“ finde ich populärwissenschaftliche Artikel fernab jeder Filterblase. Söderström zeigt auf, wie die Anzahl der wissenschaftlichen Studien über Hundeverhalten in den letzten Jahren buchstäblich explodiert ist. Die Erkenntnisse lesen sich nüchtern, was für die Neutralität der Wissenschaftler spricht und für die Aussagekraft der Tests enorm wichtig ist. Ich als tierverliebter Hundehalter hätte auf alles einen Blick mit Rosabrille oder je nach eigener Erfahrung, Vorbehalte in meiner Beurteilung gehabt. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne: Wie wichtig eine instinktsichere Mutter für Welpen ist, weiß ich zwar, aber wie sich fehlende Berührungen in den ersten 3. Lebenswochen auswirken, ist mir neu. Unbestritten ist, wie feinfühlig unsere Hunde sind, aber ich gewinne verblüffende Erkenntnisse dahingehend, aus was sie ihre Schlüsse ziehen, welche Menschen sie meiden oder eben bevorzugen. Von großer Bedeutung: Die Analyse zu den Beißunfällen führt mir wieder vor Augen, das hier vieles im Fehlverhalten des Menschen zugrunde liegt, aber der Leidtragende am Ende der Hund ist. Wir sollten bei aller Vermenschlichung und Vertrauen in unsere geliebten Vierbeiner nie vergessen, das sie Hunde sind und Beißverhalten aus ihrer Sicht in manchen Momenten der letzte Ausweg für sie bedeutet. Besser vorher Einhalt gebieten, als hinterher den Schaden zu bedauern, vor allem wenn Kinder involviert sind. In diesem Buch werden wichtige Studien präsentiert: Da wäre einmal die Geräuschempfindlichkeit, dann die Ängstlichkeit von Hunden in Einzelhaltung und bei Mehrhundehaltung. Zudem lese ich eine hochinteressante Studie zum Fressverhalten der Hunde und wie man dieses beeinflussen kann. Obendrein erfahre ich, was besonders zur Ausschüttung von Oxytocin (Glückshormon) bei meinem Hund und mir beiträgt, und ich werde jede Sekunde nutzen, das auszubauen. Die Wirkung von Medikamenten auf das Wesen der Hunde lässt mich innehalten. Das sind Aspekte, die ich nie hinterfragt habe und mich einiges neu bewerten lassen. Na wie sieht’s aus: Könnt ihr Stereo riechen? Die Sinne des Hundes sind eine Welt für sich. Hat ein kurznasiger Hund zwangsläufig einen schlechteren Geruchsinn? Ich habe gestaunt und euch wird es ebenso ergehen. Die spannende Frage, ob Rüden am Duft ihren Vater erkennen können, obwohl sie ihn nie gesehen haben, wird genauso beantwortet wie die Frage, weshalb die Hündinnen hierbei keine Rolle spielen. Eine never ending Story: Die Wichtigkeit, jeden Hundehaufen zu entfernen, kennen wir, doch eine Studie führt uns weitere Aspekte vor Augen, die hoffentlich die härtesten Verweigerer von Hundekotentfernern überzeugt. Wisst ihr es schon? Was wirkt sich beruhigender auf die Hunde aus: Klassische Musik oder ein Hörbuch? Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus und hätte hier einige Fehler gemacht. Und wenn ihr dachtet, die Seitendominanz der Hunde kann man mit einem Aktivitätsball herausfinden, dann seid ihr auf der gleichen falschen Fährte unterwegs, wie ich. Es gibt links- und rechtspfotige Hunde, aber bei der Bestimmung unterliegen die meisten einem offenkundigen Fehler. Mein einziger Kritikpunkt: Die Erzählstimme zwischen den Studien wünsche ich mir wärmer. Das wäre für mich die gelungene Mischung im Buch, dass voller lehrreicher wissenschaftlicher Studien steckt, die kühl wirken und dringend eine wärmende Verbindung zu ihrem Leser brauchen, welcher mit großer Sicherheit Hundehalter ist. Ohne den gefühlvollen Erzähler benötige ich Pausen zwischen den aussagekräftigen Studien. Überhaupt empfehle ich, das Buch nicht von vorne nach hinten zu lesen, sondern sich zuerst die Kapitel herauszusuchen, die einen am brennendsten interessieren. Einmal Feuer gefangen liest man dann automatisch alles andere und mich hat das Buch mehr als einmal in großes Erstaunen versetzt. Mein Fazit: „Hunde erforscht – für die Praxis erklärt“ ist ein Sachbuch, das einen kostbaren Wissensschatz beinhaltet. Die fesselnden Studien lassen mich tief in die geheime Welt der Hunde eintauchen und eröffnen mir zahlreiche neue Ansätze, die eine Bereicherung für unsere Emmy und mich bedeuten. Es ist gut, dass solche Studien betrieben werden und es Menschen gibt, die mit neutraler Draufsicht herausfiltern, was erlerntes oder genetisch bedingtes Verhalten ist. Was unsere Hunde beeinflusst und wie wir Probleme in den Griff bekommen können. Diese Literatur ist wichtig, um Hunde besser zu verstehen. Wissen bringt uns einander näher und wir können adäquater reagieren und gewisses Verhalten akzeptieren. Und was mir eine Gänsehaut beschert hat, ist, wie lange es dauert, ehe manche Hunde Vertrauen zu uns aufbauen und wie rasch wir dieses wieder zerstören können. Von mir erhält „Hunde erforscht – für die Praxis erklärt“ 4,5 kostbare Sterne von 5 und eine unbedingte und absolute Leseempfehlung. Wo ich keine halben Sterne vergeben kann, runde ich auf.