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cookiespengler

Posted on 8.2.2021

Als kleine Inhaltswarnung-Warnung vorab: In diesem True-Crime-Fall geht es Mord und Vergewaltigungen. In den 1970er- und 80er-Jahren erschütterte eine Serie an Einbrüchen, Vergewaltigungen und Morden die Gegend in und um Sacramento in Kalifornien. Wer hinter diesen Verbrechen steckte, blieb ein Mysterium, zwar wurden immer wieder verdächtige Männer gesichtet, aber nie führte eine Spur zum Täter. True-Crime-Bloggerin und Journalistin Michelle McNamara beschäftige sich mit diesem Fall und je mehr sie recherchierte, desto mehr wurde sie regelrecht besessen von der Suche nach dem „Golden State Killer“, wie sie ihn nannte. Sie forschte online, veröffentlichte Artikel, ersteigerte vermeintliches Diebesgut des Täters auf eBay, nahm Kontakt zu Ermittelnden bei der Polizei auf und im Zuge dieser Recherche entstand das Buch „I’ll Be Gone in the Dark“. „I’ll Be Gone in the Dark“ ist ein etwas anderes True-Crime-Buch: Es ist keine rückblickende Ansammlung an Fakten zu einem Fall, sondern der Täter ist noch nicht gefasst und die Autorin nimmt ihre Leser:innen mit auf ihre Suche. Das ist nämlich der Grund, warum sich die Autorin überhaupt mit dem Fall beschäftigt: Sie will helfen, dass er nach über 40 Jahren endlich aufgeklärt werden kann. McNamara hat eine sehr einfühlsame Art, die grausamen Verbrechen zu schildern und rückt vor allem die Opfer in den Fokus. Beim Lesen merkt man ihr ihre Rastlosigkeit an, sie ist irgendwann in jeder wachen Sekunde gedanklich bei diesem Fall und letztlich hat sie das wohl auch das Leben gekostet – Michelle McNamara starb nämlich während der Arbeiten am Buch an einem Medikamenten-Mix in Kombination mit einer ihr vorher nicht bekannten Herzkrankheit. Ihre Freunde, die gemeinsam mit ihr an der Recherche saßen, haben das Buch dann mit ihrem Ehemann, Schauspieler und Comedian Patton Oswalt, anhand ihrer Notizen fertiggestellt. Die Geschichte vom Täter fand ich unfassbar gruselig: Er wurde vor seinen Taten häufig dabei beobachtet, wie er in Gärten stand, durch Fenster schaute, er hat vorab oft Telefonanrufe bei den zukünftigen Opfern getätigt und dann wieder aufgelegt und man vermutet, dass er sich vor seiner Tat schon früh Zugang ins Haus verschafft hat, wo er sich dann versteckte, bis alle schliefen. Das sind doch alles so Aspekte des Sicherheitsgefühls: Zuhause und dann im eigenen Bett kann einem nichts passieren. Später hatte er es dann vor allem auf Paare abgesehen und also war selbst der Gedanke „Wir sind ja zu zweit, da passiert uns das schon nicht“ nicht mehr da. Dies in Verbindung mit der Fassungslosigkeit, dass das doch nicht sein kann, dass so ein heftiger Fall nie geklärt werden konnte, macht die Suche nach dem Täter nicht nur sehr spannend, sondern man merkt einfach, wie sehr alle Beteiligten im Buch von dieser „Jagd“ besessen sind. Und wie sehr es sie, wie McNamara selbst, belastet. Wie sie sich aber vernetzen, das Internet nutzen, mit der Polizei zusammenarbeiten und wie sie dem Täter auf die Spur kommen wollen, war der reinste Krimi und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Abends fiel es mir wirklich schwer, ins Bett zu gehen, weil mir dieser Gedanke, dass sich der Typ bei seinen Opfern vermutlich den halben Abend lang hinter den Gardinen oder so versteckte, echt nahe ging. Wer True-Crime-Geschichten mag, dem kann ich das Buch sehr empfehlen. Aber gleichzeitig auch unbedingt warnen, dass die Geschichten schon sehr belastend sein können, gerade was dieses Sicherheitsgefühl zuhause angeht, das ein bisschen zerstört wird … Übrigens wusste ich beim Lesen absolut nichts über den Fall und damit auch nicht, ob er letztlich geklärt werden konnte oder nicht. Wie bei so vielen Kriminalfällen kann man sicherlich auch hier sagen: Je weniger man vorab weiß, desto spannender.

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