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shades_of_paper

Posted on 4.2.2021

Begeisterte Pressestimmen haben dieses Buch in den höchsten Tönen gelobt. Meine Erwartungen waren dementsprechend ebenfalls nicht unbedingt niedrig – und jetzt nach Beenden denke ich: „haben wir überhaupt dasselbe Buch gelesen?“ Die Probleme, die ich mit „Elmet“ hatte, waren durchaus verschiedener Natur. Zunächst einmal sei gesagt, dass es sich hier um einen ziemlichen „slow burn“ handelt. Bis zu dem Event, das auf dem Klappentext angekündigt wird, und dass die Ereignisse erst ins Rollen bringen soll, dauert es über 150 Seiten – das entspricht beinahe der Hälfte des Buchs. Diese 150 Seiten sind gefüllt mit – zugegebenermaßen – bildhaften und atmosphärischen Beschreibungen über das Leben in der Natur und in einem engen Familienkreis. Allerdings gab es auch hier schon einige Dinge, die ich, für mich, etwas befremdlich fand. Scheinbar stört sich niemand daran, dass die Kinder (13 und 15 Jahre alt), ganz selbstverständlich ständig Zigaretten drehen und gemeinsam mit ihrem Vater rauchen, von ihm dazu ermutigt werden, Alkohol zu trinken – und zwar in solchen Mengen, dass ein Knock-Out vorprogrammiert ist, keinerlei Schulbildung erhalten und außer ihrem Daddy (der sich sein Geld übrigens als Schläger verdient) über keinerlei soziale Kontakte verfügen. In der zweiten Hälfte des Buches war dann schließlich endlich für mich zu erkennen, wohin die Autorin mit ihrer Geschichte eigentlich möchte. Allerdings verloren sich manche Passagen noch immer so sehr in Nebensächlichkeiten, dass ich zu diesem Zeitpunkt bereits dazu übergegangen war, das Buch mehr oder weniger quer zu lesen. Der Autorin muss ich zugutehalten, dass es einige eindrucksvolle Szenen gab, in denen sie ihr Talent zum Schreiben sehr gut deutlich machen konnte und interessante Gedankengänge verfolgte. Hätte ich das Buch bei 80% einfach abgebrochen, hätte ich guten Gewissens drei Sterne vergeben können. Das habe ich allerdings nichts getan. Am Ende wollte die Autorin scheinbar noch einmal alle Grausamkeiten aus der gesamten Geschichte miteinander vermengen – und das Produkt daraus ist unser großes Finale. Abgesehen davon, dass absolut vorhersehbar war, was passieren würde, war ich sehr abgestoßen von der unnötigen Grausamkeit, die dieser Schluss hier noch einmal bekommen hat. Das hätte man so nicht machen müssen – Freude daran konnte ich als Leserin nicht empfinden. Spannung war für mich im ganzen Roman nicht vorhanden, zudem wurde mit manchen Themen (sexuelle Nötigung eines erwachsenen Mannes an einem 15 Jahre alten Kind) meiner Meinung nach absolut verantwortungslos umgegangen. Das Kind, das in dieser Situation Opfer dieses Übergriffs wurde, stellte einfach nur fest, dass eine erotische Spannung in der Luft liegt und fühlt sich nach dem Akt „anders“. Mehr wurde zu dieser ekelhaften Situation dann auch im ganzen Buch nicht mehr gesagt. Wenn man solche Themen schon unbedingt aufnehmen muss, sollte man sie doch zumindest mit dem Gebührenden Respekt behandeln und sie nicht einfach nur nutzen, um für eine halbe Seite einmal das Interesse des Lesers zu wecken. Für mich leider ein totaler Flop, dem ich außer dem guten Schreibstil der Autorin nichts abgewinnen kann.

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