Furbaby_Mom
Diese zauberhafte Feel-Good-Story über Neuanfänge, Familiengeheimnisse, Freundschaft und die Liebe zu Büchern war für mich das erste Werk aus der Feder von Autorin Frida Skybäck. Nicht nur die spannenden Plot-Elemente haben mich positiv überrascht, auch das Setting hat mich absolut begeistert! Die Geschichte um die junge Schwedin Charlotte, die aus heiterem Himmel eine Buchhandlung in London erbt (von einer Tante, der sie nie zuvor begegnet ist und über die ihre Mutter zu Lebzeiten kaum ein Wort verloren hat) ist im Herbst 2019 beim Insel Verlag erschienen und schon nach wenigen Zeilen war mir klar, dass ich einen 5-Sterne-Read in den Händen halte. Nach dem Unfalltod ihres geliebten Mannes klammert Charlotte sich an das gemeinsam errichtete Kosmetikunternehmen, vergräbt sich in Arbeit und ihre sozialen Kontakte beschränken sich auf einen guten Freund (und Angestellten) und ihre Therapeutin. Ihre Komfortzone zu verlassen ist das Letzte, wonach Charlotte der Sinn steht und doch hat sie keine Wahl, als der Nachlassverwalter ihrer verstorbenen Tante sie nach London beordert. Denn dort hat sie – ausgerechnet sie, die sich noch nie viel aus Literatur gemacht hat – eine Buchhandlung samt Personal und Wohnräumen geerbt. Keine Frage, das Haus im verregneten England muss schnellstens verkauft werden, immerhin ist ihr Lebensmittelpunkt in Schweden und ihre Firma führt sich nicht von allein. Aber wider Erwarten hat das urige Geschäft mit seinen großen, hölzernen Regalen, abgesessenen Möbeln und dem gemütlichen Kamin einen ganz eigenen Charme und übt eine ungeheure Faszination auf Charlotte aus; der Trubel der Großstadt scheint plötzlich ganz weit entfernt. Überwältigt von all den neuen Eindrücken und der Freundlichkeit der Mitarbeiterinnen, beschließt sie, alles daran zu setzen, das beinahe bankrotte Geschäft am Laufen zu erhalten und bei einem Verkauf auch die dazugehörigen Arbeitsplätze zu retten. Hinzu kommt ihre wachsende Neugier auf die Hintergründe, die einst zum Zerwürfnis zwischen zwei sich liebenden Schwestern gesorgt hatten und verhinderten, dass Charlotte ihre Tante Sara je kennenlernen durfte. Parallel zu dieser Gegenwartshandlung eröffnet sich nach kurzer Zeit eine Vergangenheitsebene, die in den frühen 80er-Jahren spielt, als Sara und Kristina von Schweden nach England flohen und einen Neustart wagten. Geschickt verknüpft Skybäck die Geschehnisse zu einem so mitreißenden Gesamtwerk, dass man das Buch vor lauter Spannung nicht mehr aus der Hand legen kann. Den fesselnden, unterhaltsamen und mit bildreichen Beschreibungen ausgeschmückten Schreibstil der Autorin kann ich gar nicht genug loben! Erzählt wird in der dritten Person, hauptsächlich aus der Perspektive von Charlotte, aber teilweise auch aus Sicht von Martinique, Sam und Kristina. Die glaubwürdigen, aus dem Leben gegriffenen Figuren sind ein weiterer Pluspunkt dieses Werkes. In die sympathische weibliche Hauptfigur habe ich mich wunderbar hineinfühlen können. Besonders schätze ich an Charlotte, dass sie nicht in ihrer Trauer versinkt, enorm zielstrebig und organisiert vorgeht und nicht nur ihr eigenes Wohl im Sinne hat, sondern auch stets an ihre Mitmenschen denkt. Ihre Tierliebe zum knuffigen Hauskater Tennyson konnte ich nur zu gut nachvollziehen! Die mütterliche, warmherzige Martinique ist die Seele des Riverside Bookshops. Sie hat für jeden ein offenes Ohr, hilft wo sie kann und man möchte sie am liebsten knuddeln, insbesondere da ihre eigene Schwester (Marcia) Martiniques Gutmütigkeit schamlos ausnutzt. Mit der flippigen, jungen Angestellten Sam kam ich auf keinen grünen Nenner. Man könnte ihr oftmals taktloses und unverschämtes Verhalten vielleicht mit ihrer Jugend und Naivität entschuldigen, aber Sam ist alles andere als ein scheues Reh; sie strotzt vor Selbstbewusstsein und weiß genau, was sie tut. Ihre impulsive, ungeduldige, weltfremde und selbstverliebte Art trägt natürlich zur speziellen Dynamik des Buchladens bei und die Kunden schätzen (meistens zumindest) ihre frechen Sprüche. Auch wenn man sich gegen Ende etwas mehr für sie erwärmen kann, das einzig Positive an Sam war für mich die äußerst realistische Ausarbeitung ihres Charakters. Auf William, den hauseigenen Autor, der zum Spottpreis in einer der Mietwohnungen lebt, möchte ich hier nicht weiter eingehen – er war in meinen Augen eine nette Ergänzung, die Story hätte jedoch auch gut ohne ihn funktioniert. Das unumstrittene Highlight der Geschichte waren für mich die Wohlfühlatmosphäre in der Buchhandlung sowie das London-Flair, das so einladend beschrieben worden ist, dass man richtig Fernweh bekommt und am liebsten direkt einen Städtetrip buchen würde. Wer noch kein Fan von London ist, wird es spätestens nach dieser Lektüre sein! Dem heimelig anmutenden Cover zum Trotz vereint dieser lesenswerte Roman in sich so viel mehr als erwartet, speziell aufgrund der dramatischen Elemente und Überraschungen in der Vergangenheitsebene sowie dem Hauch einer Love Story, die angenehm leicht daherkommt und nicht unnötig übertrieben oder ausgereizt wird. Das Ende war für mich durch und durch stimmig. "Hier am Riverside Drive haben Dinge die Tendenz, sich zum Guten zu wenden." Fazit: Eine klare Leseempfehlung, nicht nur für Liebhaber von Feel-Good-Stories und London-Fans!