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Sarang

Posted on 2.2.2021

Der Manga „Der stille Mond“ wurde von einem Roman von Anemu Anemura adaptiert. Das erklärt direkt mehrere Besonderheiten. Zum einen das zunächst etwas wirre Storytelling. Wirr mag negativ klingen, ist es aber nicht. Solange ich früher oder später den roten Faden zu fassen bekomme, genieße ich diese Herausforderung sogar. Der Handlungsverlauf ist also eher komplex und alles andere als linear. Anfangs habe ich mehrmals geschaut, ob ich versehentlich zum zweiten statt ersten Band gegriffen habe. Denn sogar der Startpunkt ist ungewöhnlich: man wird unvermittelt ins Geschehen geworfen und erst später werden gewisse Hintergründe offenbart. Störend ist das alles wie gesagt gar nicht, nur überraschend. Doch Überraschungen beim Lesen sind mir willkommen. Ich möchte diesen besonderen Aufbau für zukünftige Leser*innen nicht mit Spoilern zerstören, deshalb kann ich zum Inhalt nur folgendes schreiben: die Ernsthaftigkeit der Probleme der Figuren scheinen anfangs trivialer als sie es de Facto sind. Ich finde es jedes mal aufs Neue faszinierend, wenn Bomben still und leise platzen, ohne dass sie vorher mit Drama und Getöse aufgebaut wurden. Dadurch explodieren sie lauter, hallen länger nach und schocken bis in die Knochen. Spannend ist der Plot jederzeit, definitiv auch melancholisch und das Gegenteil von gewöhnlich. Der Zeichenstil ist umwerfend. Das Cover hat mich beim ersten Anblick sehr berührt und so war mir schon vorm Lesen klar, dass mir die Ästhetik dieses Mangas zusagt. Thematisch stehen besonders die Zwillinge Itsuki und Miki sowie der Student Takagi im Vordergrund. Obwohl die beiden „identisch“ aussehen, ist es als Leser*in jederzeit erkennbar, um welchen Zwilling es sich gerade handelt. Vermutlich liegt das daran, dass Mangaka Peco Morishima Emotionen pointiert transportieren kann. Und emotional beziehungsweise charakterlich sind die Zwillinge grundverschieden. „Der stille Mond“ ist ein schmerzhaft schöner Manga. Schmerzhaft in mehrfacher Hinsicht: inhaltlich sehr sehr schmerzhaft (hach, da blutet wirklich das Herz!) und schmerzhaft, weil der Stil so bewegend und wunderschön ist. 
Wer Außergewöhnliches, nichts Kurzweiliges oder Leichtes sucht, der sollte zu „Der stille Mond“ greifen und sich in diesem Emotionschaos verlieren. Anmerkung zum Schluss: völlig unverständlich für mich ist jedoch, dass der Verlag altraverse keine Triggerwarnung voran stellt. In Band 1 & 2 werden alle psychisch und physisch traumatischen Ereignisse behandelt, die mich mir spontan ausdenken kann. Ein kurzer Hinweis ist da mehr als angemessen!

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