anastasia_b
»Menschenwerk« ist mein erstes Buch der Autorin und ehrlich gesagt war ich nicht darauf vorbereitet. Schon nach wenigen Seiten war mir klar, diese Geschichte wird mich eine Zeit lang beschäftigen. Schonungslos erzählt Han Kang was 1980 in der südkoreanischen Stadt Gwangju aus einer zunächst harmlosen studentischen Demonstration heraus entstanden ist und mit welcher Gewalt das Militär dagegen vorgegangen ist. ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ Wie ästhetisch und rein das Cover auch wirken mag, der Inhalt ist definitiv nichts für schwache Nerven. Man muss sich vorher bewusst sein, dass viele Szenen sehr detailliert beschrieben werden. Ich weiß aus meinem persönlichen Umfeld, dass sich einige bei solchen Büchern eine Triggerwarnung wünschen. Dennoch bin ich der Meinung, sprachlich ist »Menschenwerk« trotz der Brutalität der Worte ein Meisterwerk. Eine dermaßen grausame Geschichte auf eine, fast schon poetische Weise zu transportieren, das ist wirklich Kunst. Sowohl die außergewöhnlichen Blickwinkel, aus denen das Erlebte erzählt wird, als auch die Erzählperspektive. Gerade die »Du-Form« ist mir noch nie zuvor begegnet. Ich habe ein wenig gebraucht, um mich darauf einzulassen, denn es fühlte sich stellenweise erschreckend nah an. ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ Letztendlich frage ich mich, warum ich immer wieder zu solchen Büchern greife, was mich daran fesselt, warum ich das Gedankenkarussell auf mich nehme. Die Antwort ist einfach: Weil es passiert ist. Weil es immer noch Menschen gibt, die nach ihren Angehörigen suchen. Weil es immer noch Menschen gibt, die das Erlebte tief in sich tragen. Hätte ich das Buch nicht gelesen, hätte ich vermutlich nie vom Gwangju-Massaker erfahren.