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Mit 12 Jahren stellt Adam fest, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Er kann Dinge sehen, die für andere nicht sichtbar sind. Einige Zeit gelingt es ihm, seine Erscheinungen für sich zu behalten. Doch als er sich eines Tages im Chemieunterricht schreiend zu Boden wirft, muss er seiner Mutter schließlich gestehen, dass es Fledermäuse waren, die ihn so erschreckt haben. Riesige Fledermäuse mit Menschenaugen und nadelspitzen Reißzähnen. Adam kann Realität und Einbildung nicht immer so gut unterscheiden, denn er leidet unter Schizophrenie. So sind die schöne Rebecca, der brutale Mafiaboss und ein paar andere skurrile Gestalten Teil seines Lebens. Eigentlich kommt er mit seinen Halluzinationen ganz gut zurecht. Meistens weiß er, was real ist und was nicht. Wären da nicht die Blicke seiner Mitmenschen, die ihm Tag für Tag deutlich machen, wie sehr sie sich vor ihm fürchten. Als er mit 16 Jahren an einer Medikamentenstudie teilnehmen darf, drückt ihm der Therapeut einen Block in die Hand, weil Adam sich weigert, mit ihm zu sprechen. Wenn auch widerwillig führt er seitdem Tagebuch, in welchem er dem Arzt über seine zweite Welt berichtet. Adam gibt sich große Mühe seine Krankheit vor anderen zu verbergen. Als er jedoch die Schule wechselt und auf Maya trifft, bekommt seine Fassade immer mehr Risse. Dass jede Form einer psychischen Erkrankung ernst zu nehmen ist, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Es gibt aber mehrere Möglichkeiten darüber zu sprechen. Hier möchte ich einen Auszug aus dem Nachwort der Autorin zitieren: „Adams Geschichte ist zwar Fiktion, aber Schizophrenie ist eine schwere und komplexe Krankheit, an der weltweit Millionen Menschen leiden. Es ist mir wichtig, besonders darauf hinzuweisen, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen, die mit dieser psychischen Krankheit leben, nicht gewalttätig sind und keine Gefahr für andere darstellen.“ So ist „Wörter an den Wänden“ ein fiktives Tagebuch, das die Gedanken eines 16-jährigen Jungen zeigt. Doch wer jetzt glaubt, dass sich Adam im Selbstmitleid wälzt, der täuscht sich. Denn oft nimmt er nicht nur seinen Therapeuten auf die Schippe, sondern auch sich selbst. Nun stellt sich die Frage: Darf denn ein Buch mit solch einem ernsten Hintergrund überhaupt auf diese humorvolle Art erzählt werden? Ich finde ja, denn auch so kann man sensibilisieren. Hier geht es nicht darum, sich über Adams Krankheit lustig zu machen, aber ich als Leserin habe auch nicht mit ihm weinend mitgelitten. Ja, ich habe mit ihm gehofft, mit ihm 295 Seiten mitgelebt, mit ihm gelacht und ihn in mein Herz geschlossen. Darüber hinaus habe ich aber auch mehr über diese Krankheit erfahren und genau das verinnerlicht, was die Autorin mit dieser Geschichte zu transportieren versucht hatte. Schizophrenie entwickelt sich bei jedem Patienten anders, ist komplex und vielfältig. Doch die Angst schizophrenen Menschen gegenüber ist meist unbegründet. „Wörter an den Wänden“ von Julia Walton, aus dem Amerikanischen von Violeta Topala, erschienen im Arctis Verlag. Ein Buch, das mich wirklich völlig umgehauen hat und für mich nun eindeutig zu meinen Highlights gehört.