Babscha
Wer gerne mal wissen möchte, wie sich eine ausgewachsene klinische Depression anfühlt, der sollte diesen unter die Haut gehenden Bericht eines Betroffenen aus erster Hand unbedingt lesen. Der Autor bekommt vier Jahre nach einer ersten Episode erneut mit ihr zu tun, und zwar die volle Breitseite. Permanente Niedergeschlagenheit, sozialer und innerer Rückzug, Verlust jeden Selbstwertgefühls, stattdessen Wut und Hass auf sich selbst, Panik bei der Wahrnehmung der eigenen Veränderung und der Folgewirkung vor allem auf seine Frau und seine beiden Söhne, vollständige Gefühllosigkeit bis hin zur inneren Erstarrung, alles über Monate seine ständigen Begleiter, bis er sich dann endlich erneut selbst in die Psychiatrie einweist, wo man ihn zunächst medikamentös einstellt und therapeutisch bis zu seiner späteren Entlassung begleitet. Maack stellt sich im Buch seiner ihn laut eigener Aussage bis heute eng begleitenden Krankheit in ehrlichster, drastischster, ja geradezu meisterhafter Form und vermittelt dem Leser damit Einblicke in die tiefsten Gedanken und Empfindungen einer hochdepressiven Person vor, während und nach einer Episode, wobei man nebenbei auch sehr interessante Einblicke in den Klinikalltag der Psychiatrie erhält. Es ist schwer und befremdlich, diese nachzuvollziehen, zu lesen, wie Maack seine Persönlichkeit quasi aufspaltet, sich selbst nur noch als depressiven, manischen Kranken, als „Fehler“ wahrnimmt, den er aus vollem Herzen hasst und dessen gleichzeitig größte Angst als Hilfesuchender in der Klinik es ist, als Simulant eingestuft und wieder entlassen zu werden, dabei gleichzeitig wissend um den Verlust seiner sozialen Bindungen einschließlich seiner Familie, die zum Glück aber bedingungslos zu ihm steht. Am beklemmendsten zu lesen war, wie irgendwann auch die letzte Hoffnung in ihm stirbt und sich in seinem Kopf alles nur noch um Tod und Suizid als einzigen Ausweg dreht, den er sich in den schillerndsten und vielfältigsten Formen ausmalt. Aber zuletzt schafft er es dann doch, mit Blick auf seine Familie diesen Weg nicht zu gehen, sondern irgendwann ins „normale Leben“ zurückzukehren, wenn auch mit permanenter medikamentöser Unterstützung, reduziertem Job, eingeschränkten Emotionen, schlechtem Schlaf und der unterschwellig immer präsenten Angst vor einem Rückfall. Ein durch seine eigenwillige stilistische Textaufmachung in Verbindung mit der immens starken, direkten und drastischen Sprache des Autors absolut überzeugendes Buch, das einem das Krankheitsbild der Depression nochmal sehr plastisch vor Augen bringt.