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Caillean

Posted on 25.1.2021

Die Anfänge der Pädiatrie in Deutschland   Berlin, 1911. Gerade wurde das erste reine Kinderkrankenhaus Berlins eröffnet – die Kinderklinik Weißensee. Am Stadtrand gelegen, soll sie den kleinen Patienten eine erstklassige, auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Versorgung gewährleisten. Sogar eine Milchaufbereitungsstelle mit eigener Kuhhaltung gibt es auf dem Gelände der Klinik, um Babys im Bedarfsfall eine gute Ernährung zukommen zu lassen.   Dafür, dass das alles vor über 100 Jahren installiert wurde, klingt es doch sehr fortschrittlich, was in dieser Klinik geleistet werden sollte. Und diese Klinik gab es tatsächlich, sie war bis ins Jahr 1997 noch in Betrieb und die Autorin hat sich an der Geschichte des Bauwerks und seiner Beschäftigten orientiert.   Nur ihre Protagonistinnen sind fiktiv: die Schwestern Marlene (19) und Emma (17), aufgewachsen im Waisenhaus, die – für viele unverständlich – eine höhere Bildung aufweisen und vom Oberarzt persönlich als Elevinnen (also Schwesternschülerinnen) für die Klinik ausgewählt wurden.   Der Klinikalltag und die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester werden umfassend geschildert, natürlich nicht ohne die Mädchen auch erste Erfahrungen in Liebesdingen sammeln zu lassen. Das Buch bietet eine sehr gute Mischung aus medizinischem Hintergrund und Unterhaltung. So war es für mich zum Beispiel sehr interessant zu erfahren, wie früher Diagnosen gestellt, wie Operationen durchgeführt und welche Anforderungen an Ärzte und Pflegepersonal gestellt wurden.   Das alles verbindet die Autorin sehr unterhaltsam mit dem Privatleben der Schwesternschülerinnen, die zwischen Konkurrenzkampf und erster Liebe durch eine Zeit gehen, die sie als sehr intensiv erleben. Dabei wird deutlich, dass Marlene nach Höherem strebt und nach ihrer Ausbildung gern noch Medizin studieren würde, um Kinderärztin zu werden – ein Unterfangen, das nicht einfach ist für ein fasst mittelloses Waisenmädchen. Emma hingegen findet ihre Erfüllung in dem Pflegeberuf und ist am glücklichsten, wenn sie den kranken Kindern ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann.   Warum sich die Schwestern emotional sehr voneinander entfernen und ob sie ihre jeweils gesteckten Ziele erreichen können, das solltet ihr selbst lesen. Denn auch, wenn die Themen Medizin und ehrgeizige junge Frauen im beginnenden 20. Jahrhundert bei weitem keine neuen mehr sind in der Unterhaltungsliteratur, hat mich das Buch doch absolut gepackt. Der angenehme, detaillierte Schreibstil der Autorin sorgt dafür, dass man regelrecht die Zeit vergisst – und genau so sollte gute Unterhaltungslektüre sein. Deshalb 5 Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die einen richtig schönen historischen Schmöker zu schätzen wissen.   PS. Der Nachfolgeband ist für September 2021 angekündigt. Ich freu mich schon drauf und möchte unbedingt wissen, wie es für Marlene und Emma weitergeht!!!

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