monikafuchs
Bei diesem Buch musste ich lachen und weinen, weil es so schön ist! Ist dieses Buch schön! Es ist erstaunlich, bei wie vielen Büchern sich der Charme erst auftut, wenn man schon einige Zeit darin gelesen hat. „Marianengraben“ von Jasmin Schreiber ist so ein Buch. Kollegen haben es mir empfohlen. „Moni, dieses Buch musst Du lesen. Es ist genau Deins!“ Ich habe angefangen es zu lesen, bin aber über die ersten Seiten nicht hinausgekommen Allein, wie es schon anfängt! „Wie tief muss man tauchen, um einen leuchtenden und noch nicht entdeckten Tim-Fisch zu finden?“ fragtest du mich kurz vor deinem Tod. „Ich weiß nicht, aber in der Tiefsee ist noch vieles unentdeckt. Da schwimmen sicher eine Menge potenzieller Tim-Fische herum.“ Das hatte mich irgendwie verschreckt. Der Tod an sich ist schon ein schwieriges Thema, mit Depressionen habe ich selbst immer wieder zu kämpfen und dann auch noch Fische??? Nein, das Buch habe ich erst einmal zur Seite gelegt. Vielleicht irgendwann einmal. So ca. ein halbes Jahr später war dann dieses irgendwann einmal. Inzwischen hatte ich schon sehr gute Erfahrungen mit dem Hörbuch-Abo bei Thalia.de gemacht. Dort lade ich mir immer die Hörbücher von Büchern herunter, die mich zwar schon verlocken, aber bei denen ich oftmals nicht über den Anfang hinausgekommen bin. Beim Hörbuch war es dann merkwürdigerweise kein Problem. Da bin ich ohne Probleme über den Anfang hinweggekommen und habe dadurch schon wirklich tolle Bücher entdeckt. Und so ist es mir auch dieses Mal ergangen. Die Hauptpersonen dieses Buches sind Paula, Tim, Helmut und Judith. Paula, eine junge introvertierte Frau, die gerade ihre Doktorarbeit in Biologie angefangen hat, als sie die Nachricht ihrer Eltern erreichte, dass ihr kleiner Bruder Tim ertrunken ist, erzählt die Geschichte in der Ich-Form, bzw. sie erzählt die Geschichte so, als ob sie sie Tim erzählen würde. Die beiden sehr unterschiedlichen Geschwister waren sich sehr nah. Und Tim hat immer wieder seine große Schwester gefragt, wenn er etwas wissen wollte oder etwas nicht verstanden hat. Und wissen wollte er irre viel! Sein Spezialgebiet war das Meer. Darüber wollte er einfach alles wissen. Nach dem Unfall und Tod ihres Bruders fällt Paula in eine tiefe Depression. Sie kommt mit der Situation nicht zurecht, vernachlässigt alles und gibt sich die Schuld am Tod von Tim. Dabei war sie bei diesem Urlaub das erste Mal nicht mit dabei. Per Zufall – eine sehr skurrile Geschichte – lernt sie eines Nachts Helmut, einen sehr merkwürdigen alten Mann, kennen. Sie folgt ihm nach Hause und lernt dort auch seine angsteinflößende Schäferhündin Judith kennen. Helmut und Judith wollen mit einem alten Wohnmobil von Frankfurt ins Allgäu fahren. Helmut hat dort etwas zu tun. Und da Paula im Moment nichts Besseres zu tun hat, fährt sie mit. Anfangs gegen den Willen Helmuts. Doch während des Roadmovies freunden sich die beiden immer mehr an. Auch Helmut hat bereits einige sehr traurige Geschichten erlebt. Ganz langsam öffnen sich die beiden einander und teilen ihre Geschichten. In diese Handlung fließen zwischendrin immer wieder Episoden ein, in denen sich Paula an ihren Bruder erinnert. Doch ganz langsam nimmt der Schmerz ab. Herausgekommen ist eine ganz wundervolle Geschichte über den Tod und das Überleben. Über Schmerz, Schuldgefühle und Traurigkeit. Und obwohl dieses alles eigentlich sehr traurige Themen sind, ist dieses Buch nicht wirklich traurig. Es macht sogar Mut. Und es erklärt in einem kleinen Diskurs Helmuts sogar den Unterschied zwischen lebensmüde und wirklich sterben zu wollen. Dieses Buch ist aber auch durchaus sehr witzig, denn die Autorin hat schon verrückte Einfälle, die sie in ihre Handlung mit einbindet. Ich sag nur Nudisten und Friedhöfe ohne Tote. Ein wirklich schönes, warmherziges Buch, was sich auf eine sehr tröstende Art mit dem Tod, der Trauer und dem Leben auseinandersetzt. Beim Lesen musste ich an die Bücher von Vea Kaiser „Blasmusikpop“, Mariana Leky „Was man von hier aus sehen kann“, Einzlkind „Harold“, Colin Higgins „Harold und Maud“, Truman Capote „Die Grasharfe“, aber auch Nina George „Das Lavendelzimmer“ und „Das Traumbuch“ denken. Bei Hörbüchern ist es immer wieder wichtig, dass man mit der Stimme des Sprechers/der Sprecherin zurechtkommt. Mir sagte Maximiliane Häcke nichts. Und ich musste mich erst an sie gewöhnen. Aber ihre Stimme passt sehr gut zu der Geschichte. Sie hört sich sehr jung an. Und Paula, in deren Rolle sie geschlüpft ist, ist trotz all ihrer Traurigkeit immer noch sehr jung geblieben, was wahrscheinlich durch die Neugier und ungewohnte Sichtweise ihres Bruders kam. Ihre Interpretation hat das Buch so richtig zum Leben erweckt.