Sandra
Einige Tage habe ich mir darüber Gedanken gemacht, wie ich meine Meinung zu der Geschichte und deren Plot, in Worte fassen soll. Die Tragik der Geschichte, lässt noch immer mein Herz bluten. In der Geschichte geht es um die besten Freundinnen Josie und Elise, die an Kindertagen unzertrennlich sind. Doch mit den Jahren gehen sie ihre eigenen Wege und während Josie in einem Kinderheim arbeitet und für die armen Kinder, die dort untergekommen sind, sorgt, arbeitet Elise als Sekretärin in der Hollandschen Schouwburg, ein Amsterdamer Theater, die zu einer Sammelstelle für Juden wurde. Nach 75 Jahren mit dem Blick auf das Jetzt wird uns die Geschichte von Ava erzählt, die bei der Kingston-Stiftung arbeitet und nach Uganda reisen muss, um sich vor Ort die Bishara-Kaffeeplantage anzusehen, die die Stiftung eventuell unterstützen sollte. Dabei trifft sie auf den Inhaber Landon und später auf seine Großmutter, die 94 Jahre ist und als junge Frau in Amsterdam an der Rettung der jüdischen Kinder beteiligt war. Dabei stößt sie nach und nach auf Familiengeheimnisse, die mit der Zeit, in der Josie und Elise lebten, zutun haben. Was genau geschieht und wie sich alles zusammenfügt, erzähle ich an der Stelle aber nicht. Wir erleben also die Vergangenheit und die Gegenwart abwechselnd in den Kapiteln. Bedeutet: Wir erfahren nach und nach, wie es um Ava steht, woher sie kommt, wer ihre Vorfahren waren und wer die Kingstons überhaupt sind und vor allem warum die Vergangenheit mit daran beteiligt ist. Die Vergangenheit fand ich sehr, sehr hart und eigentlich brauche ich für ein Buch mit fast 400 Seiten vier Tage, doch das hier ist harte, wenngleich auch wirklich gute und interessante Kost gewesen, gerade wenn man sich für die 40er Jahre interessiert und das Thema erster und zweiter Weltkrieg. Ich brauchte zwischen den Kapiteln immer mal wieder eine kleine Pause, um darüber nachzudenken, denn die Zeit in der der erste und zweite Weltkrieg herrschte, war einfach nur abscheulich. Nicht das sie direkt danach oder davor besser war. Deutschland unter der Führung Hitlers, dann die Vergasung der Juden mit Zyklon B, was von Banken unterstützt wurde, Familien, Kindern, denen gesagt wurde, sie werden es besser haben und die Menschen, der Widerstand, der sich gegen all das gestellt hatte und irgendwie doch verlor. Es war jede Menge, was ich aufsaugen und verstehen musste, was ich hinterfragen wollte. Die Autorin hat das alles total solide gelöst, sodass am Ende keine Fragen offenbleiben. Zumal hat die Geschichte Wahrheitsgehalt, denn all das ist wirklich so geschehen zu damaliger Zeit. Im Nachwort erklärt die Autorin Melanie Dobson einiges, was mir sehr ans Herz gegangen ist und ich auch nie vergessen werde. Auch manche Szenen, die vorkamen, hatten mich fast zu Tränen gerührt, denn es war so sagenhaft intensiv gewesen. Kinder aus dem Theater vor dem Tod retten, sein eigenes Kind weggeben, Heimlichtuereien, Verstecke, Verrat und vieles mehr. Nur um zu überleben. Mir tut das im Herzen weh, dass es damals unter der Hand von Hitler so lief, und ich bin stolz auf meine Großeltern, die in dieser Zeit gelebt haben, gekämpft und vieles mehr. Hoffnung hatten. Überlebt haben. Das war absolut nicht selbstverständlich gewesen. Die Zeit war grausam. Wenn es nicht noch eine Steigerung von grausam gibt und die gibt es gewiss. Sie nennt sich Schmerz. Die Protagonisten fügen sich alle perfekt in die Geschichte ein und jeder hat seine kleine Aufgabe, die er erledigen muss/möchte. Während Josie sich um die Kinder im Kinderheim kümmert, versucht Elise die Kinder verschwinden zu lassen, die mit ihren Familien in die Konzentrationslager abtransportiert werden sollen. Man kann mit den beiden Freundinnen mitfühlen und das sehr intensiv, was man aber auch dem Schreibstil, aber zu dem komme ich gleich, zu verdanken hat. Auch die anderen Protagonisten und gerade auch die Armee unter Hitler ist so echt dargestellt, dass man denkt, dass man mittendrin wäre. Die Kinder, die weinen, sich an ihre Mütter klammern, sind so dreidimensional dargestellt worden, dass man sich direkt in sie hineinfühlen konnte und am liebsten mitgeweint hätte. Gefühle werden hier ganz groß geschrieben. Der Schreibstil hat mich von Seite eins an gepackt. Manche Umschreibungen waren so schön, glasklar und berührend. Ich konnte etwas mit ihnen anfangen und haben die Szenerie, dieses Erdrückende noch mehr unterstrichen. Wirklich ganz großartig! Ein Buch, eine Geschichte die einen sprachlos, nachdenklich und irgendwie auch zerstört zurücklässt, denn das, worum es in der Geschichte geht, war vor Jahren für Millionen von Menschen pure Realität. Eine Realität die wehtat. Eine Realität die jeden von ihnen an ihr Limit brachte. Die, die jede Hoffnung auf einen Weg oder Licht zerstörte. Wo Schatten ist, da ist auch Licht. Wo Glas ist, liegen Scherben. Einfach eine wunderschöne, traurige, grausame Geschichte, die man einfach gelesen haben muss, auch um zu wissen, wie schrecklich Menschen sein können, wie Hoffnung Berge versetzen kann.