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"Psycho Killer - qu'est-ce que c'est?" Vor dem Hintergrund des schottischen Unabhängigkeitsreferendums 2014 ermittelt Cormoran Strike in einem Cold Case. Die Ärztin Margot Bamborough verschwand 1974 unter ungeklärten Umständen, ihre Leiche wurde nie gefunden, der Fall blieb ungelöst. Margots Tochter möchte endlich ihren Frieden finden – sie beauftragt Robin Ellacott und Strike, Licht in’s Dunkel zu bringen. War der Täter womöglich ein narzisstischer Serienmörder, der mit seiner scheinbar harmlosen Art nicht nur seine Vermieterin zum Narren hielt? Oder Margots Ehemann? Die Ermittlungen gestalten sich schwierig; überschattet werden sie durch die Erkrankung von Strikes Ziehmutter. Strike verbringt daher fast soviel Zeit in Cornwall wie in London. Ein übergriffiger Kollege macht Robin zu schaffen; außerdem ermittelt die Detektei parallel in mehreren Fällen, und langsam wird die Zeit knapp: Robin und Cormoran haben nur ein Jahr Zeit, um den Fall der verschollenen Margot zu lösen… „Böses Blut“ umfasst ganze 1200 Seiten. Nach Beginn der Lektüre konnte ich das Buch nicht mehr beiseitelegen! Der Roman ist unheimlich clever geplottet, die Figuren sind perfekt ausgestaltet, selbst die Nebenfiguren sind glaubwürdig. Vor allem die Charakterisierung der Margot B. ist der Autorin gelungen. Die Frau ist ein streitbares Individuum mit Ecken und Kanten. Von der Auflösung des Falls war ich völlig überrascht. Was soll ich sagen – JK Rowling kann’s einfach. Den scharfsinnigen gesellschaftspolitischen Weitblick der Autorin schätze ich sehr, und sie scheut sich nicht, in „Böses Blut“ die heißen Eisen anzupacken: Salonkommunismus, die Irrwege des sexpositiven Feminismus, pc – Wahn. Oft dachte ich beim Lesen: „Dito!“ Rowling verfällt jedoch nie in den Predigerton, und sie umschifft geschickt alle Klischeeklippen. Um es ganz deutlich zu sagen: „Böses Blut“ ist an keiner Stelle transphob. Es gibt auch keine Schwarzweißmalerei, denn es ist nicht unbedingt das Geschlecht der Personen, das ausschlaggebend für ihre Handlungen ist. Richtigerweise prangert Rowling jedoch Misogynie und Androzentrismus an. Die sozialkritischen Elemente dominieren jedoch nicht. Es ist die Geschichte mit starkem britischem Einschlag, die fasziniert. Überhaupt merkt man, dass Rowling keine Freundin der ‚keltischen‘ Unabhängigkeit ist. Diese Sichtweise teile ich nicht unbedingt. Ich bin jedoch ganz bei Rowling, wenn es darum geht, dass Aktivismus und das Rufen von Parolen oder eine restriktive Sprachpolitik Anstand als solchen nicht ersetzen können. Aber wie gesagt: Diese Dinge stehen nicht im Vordergrund. Die Autorin entwirft ein differenziertes Bild der 1970er Jahre. Dabei gelingt es ihr (anders als anderen Autoren), diese Zeit ex post nicht zu verklären. Die Hippiebewegung wird ebenso kritisch betrachtet wie der alltägliche Sexismus. Aber auch die Gegenwart wird einer eingehenden Prüfung unterzogen – dick pics sind kein Kavaliersdelikt! Fazit: „Böses Blut“ ist ein absoluter Pageturner! Es gibt einen Hauptplot und mehrere Subplots, jedoch keine Qualitätsunterschiede. Während der Lektüre habe ich mich keine Sekunde lang gelangweilt. Die Kapitel werden jeweils mit Versatzstücken aus Edmund Spensers „Feenkönigin“ eingeleitet, dies ist eine perfekte Einstimmung auf die Geschehnisse der jeweiligen Kapitel. Überhaupt zeichnet sich „Böses Blut“ durch die fein ziselierte Handlung und die nuanciert gestalteten Figuren aus. Dabei kann der Krimi auch in literarischer Hinsicht überzeugen, was in diesem Genre eher eine Seltenheit ist. Der fünfte Band aus der Cormoran – Strike – Reihe ist mein Lesehighlight des Monats Januar. Ich spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus!