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Neko Zion

Posted on 17.1.2021

Sohn der ersten US-Präsidentin verliebt sich ausgerechnet in den englischen Prinzen, den er jahrelang als seinen persönlichen Erzfeind angesehen hat und gefährdet dadurch diverse politische Karrieren zu zerstören. So im allgemeinen ist das eine für mich sehr gut klingende Idee, die McQuiston da hatte, die Umsetzung war meiner Meinung nach aber noch ausbaufähig. Fangen wir mit dem Ablauf der Geschichte an sich an. Alex interessiert sich vor allem für Politik und möchte unbedingt selbst nach seinem Abschluss möglichst schnell Abgeordneter werden. Recht ambitioniert, ohne Frage, aber sein Handeln passt für mich an vielen Stellen nicht dazu. Er handelt zu impulsiv und naiv für mich. Gerade seine anfänglich gezwungene Feindschaft zu Henry, die ja eigentlich nur in seinem Kopf entstanden ist, ist von kindlicher Naivität geprägt und ohne diese, wäre die gesamte Katastrophe nicht mal ins Rollen geraten. Danach denkt man erst, es zieht sich so dahin, dass die beiden zur Wahrung des guten Images beste Freunde mimen müssen. Der Teil fühlte sich als Einführung in die Geschichte unheimlich zäh an. Danach ging aber alles dafür umso rasanter, aber meiner Meinung nach nicht viel weniger unbeholfen. Mein größtes Manko an dem ganzen: Gefühlt 150 Seiten hangeln wir uns zwischen heimlichen Treffen der beiden Protagonisten hin und her, die eigentlich immer nur daraus bestanden, dass sie ihre körperlichen Begierden aneinander stillen, dazwischen ein paar Selbstfindungsmomente von Alex, der realisiert, dass er nicht so hetero ist, die er dachte und dazwischen alles überschattend der ewige Aspekt der Politik, der gefühlt mehr Platz im Buch einnahm, als eine tatsächliche, schön ausgearbeitete Liebesgeschichte. Erst im letzten etwa Drittel des Buches fing es an, das ein paar Gefühle vermittelt wurden zwischen Alex und Henry, was aber schnell wieder im Wahlkampf und der Diskussion mit der Queen über das Ansehen der Krone unterging. Alles in allem ist mein größtes Problem wohl, dass die Liebesgeschichte mir zu kurz kam, während zu sehr auf den Aspekt der Politik gepocht wurde, der zwar interessant dargestellt wurde, aber halt nicht das war, weswegen ich das Buch in die Hand genommen habe. Kommen wir zu den Charakteren. Alex war mir wie gesagt größten Teils zu naiv und kindlich und auch sehr respektlos zum Teil. Oft wirkte er für mich einfach wie ein verzogener Bengel, um es ganz genau zu sagen, der einfach tat, was er wollte, mit jedem sprach, wie er wollte und sich wenig Gedanken über die Konsequenzen machte. Zum Ende hin wird er sich selbst wohl ein wenig bewusster und gesteht sich Gefühle ein, aber das rettet nicht sein gesamtes Image. Henry ist mir zu sehr ein Klischee, zumindest weite Strecken der Geschichte über. Ja, am Ende wird deutlich in der Szene mit der Queen dargestellt, dass er quasi in seine perfekt britische Rolle hinein gequetscht worden ist sein Leben lang, aber das macht es nicht viel besser. Es lässt ihn platt wirken. Erst als er seinem Bruder und seiner Großmutter gegenüber sich mehr oder weniger behauptet, finde ich einen gewissen Bezug zu ihm. Beide sind daher für mich leider nur semi greifbar gewesen. Für mich haben es da einige der Nebencharaktere echt raus gerissen. June fand ich als große Schwester in diesem Buch einen entscheidenden Wendepunkt, was sehr erfrischend wirkte. Und die kleine Nebenstory von Rafael Luna war für mich auch unglaublich interessant. Insgesamt war mir Luna als Charakter unglaublich sympathisch und ist wohl mein Favorit. Und ich möchte auch darauf zu sprechen kommen, wie irrelevant es eigentlich für die Handlung ist, diverse Charaktere um Alex herum einfach als Mitglieder der LGBT-Community zu outen. In keinster Weise war es für die Story relevant, dass die eine Agentin transgender ist und eine pansexuelle Ehefrau hat, es wurde einfach erwähnt und fertig. Eher wichtig war der frühere Schulfreund von Alex, mit dem er naive erste homosexuelle Erfahrungen gemacht hat, die er als nicht geltend abgetan hatte. Aber das wurde nur beiläufig erwähnt und wieder nicht ausgearbeitet. Also wurde auch hier Potenzial verschenkt meiner Meinung nach, dieses Mal im Bezug darauf, die passenden Charaktere interessant zu machen. Auch mit dem Schreibstil hatte ich an manchen Stellen zu kämpfen. Zwar war er überwiegend gut und flüssig zu lesen und man kam relativ rasch durch die Geschichte durch und man konnte sich gut in die Szenen hineinversetzen. Besonders gefallen haben mir da zum Beispiel die Szene, als Alex nachts als er das erste Mal in Kensington Palace war nicht schlafen konnte und in der Küche saß oder als am Haus seines Vaters am See in Texas er mit diesem in der Küche gesprochen hat. Das waren zum Beispiel Szenen, die ich wunderbar vor meinem inneren Auge sehen konnte. Aber die Zeit- und Ortssprünge, die sich durch das gesamte Buch zogen, machten es unglaublich anstrengend. Manchmal wusste ich gar nicht mehr, wo wir waren und wie viel Zeit denn nun vergangen war. An einer Stelle wurde Alex gefragt, wie lange diese Affäre zu Henry schon liefe und ich hätte gedacht, es wären erst vielleicht zwei oder drei Monate gewesen, doch auf einmal wurde erwähnt, dass es schon sieben Monate waren, was mich ein wenig überrascht hat. Alles in allem ist das Buch nicht schlecht, es war eine nette Lektüre für zwischendurch und hat mich durchaus auch unterhalten können auf das Gesamtbild gesehen, das schriftstellerische Talent ist definitiv vorhanden. Aber man merkt auch stark, dass es ein Debüt ist und noch sehr viel Luft nach oben ist. Gerade die Charaktere könnten meiner Meinung nach weiter ausgebaut werden. Ich bin gespannt, was die Autorin noch herausbringen wird und vergebe solide 3 von 5 Sternen.

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