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Nach all diesen super guten Bewertungen und ein Werk niedergeschrieben vom Chef höchstpersönlich, war klar : Da wirst du keinesfalls dran vorbeigehen können. Auch der Klappentext war außergewöhnlich, versprach einmal eine ganz andere Variante eines Thrillers, demnach war ich mehr als nur gespannt mit diesem Buch zu starten. Erleben werden wir die Geschichte in der Vergangenheitsform und bewegen uns aus der Sicht der Erzählerperspektive. Unser Protagonist namens Marek ist wohl ein Mann mittleren Alters. Familienvater, Ehemann mit Eigentum und einem vernünftigen Job. Er selber ist Schriftsteller. Schnell wird uns verdeutlicht das es sich zwar ein Leben voller Ruhm und Geld gewünscht hatte, jedoch ist er mit seiner jetzigen Lebenssituation mehr als nur zufrieden, er liebt seine Frau Sophie und seinen Sohn Momo über alles. Tief im Herzen scheint er zu wissen : Mehr Reichtum hätte er niemals erlangen können. Alles wirkt auf uns den Leser völlig idyllisch und einwandfrei. Für meinen Geschmack beinahe schon etwas zu viel. Der Protagonist trägt eine Menge Charme mit sich den er auch in jeder vorgegeben Situation auslebt. Daher wirkt die Beziehung oder besser gesagt Ehe zwischen den beiden Charakteren zu Beginn ziemlich gestellt und erzwungen. Dies kann aber ein Leser voller romantischer Hormone schon wieder ganz anders sehen. Für mich war es leider grenzwertig in Richtung Kitsch und völlig übertriebener Reaktion. Die Idylle und Liebe wird dadurch unterstrichen, das die Familie sich ein schönes Eigenheim auf dem Land kauft und sich innerhalb der Geschichte dort niederlässt. Demnach merkt man als Leser schnell: Okay, hier ist wohl alles bis auf den letzten Funken perfekt, der Fall kann demnach nicht gnadenlos genug sein. Für mich erstellt sich diese Denkweise als etwas zu einfach. Sobald man diesen Kontrast zu gewollt und zu extrem darstellt, ist es relativ einfach zu zeigen, was man innerhalb des Verlaufs verdeutlichen möchte. Demnach hatte ich große Sorge, das die andere Seite mich ebenfalls nicht fesseln könnte. Zudem musste ich für mich feststellen, zieht es sich vom Anfang bis hin zum eigentlichen Geschehen ziemlich in die Länge. Die Passagen bis hin zu den Thriller- Aspekten werden durchgehend mit Kleinigkeiten gefüllt, die man als Leser eigentlich nicht benötigt. Zumindest war für meinen Geschmack sehr viel an Seitenlänge dabei, die man sich hätte sparen können. Einige Dinge waren ganz nett zu lesen aber die Masse hat mich irgendwann die Frage stellen lassen, was ich denn hier überhaupt lese und wann denn endlich mal etwas passiert. Klar braucht ein psychologischer Mind-Fuck eine gewisse Zeit um den Höhepunkt zu erreichen und diesen dann auch wirken lassen zu können und trotz allem hat man hierbei ziemlich weit ausgeholt und man hätte uns so einiges ersparen können. Ich könnte mit dem größten Teil der Informationen im Verlauf wirklich nichts anfangen. Die Bindung zwischen Protagonisten und Familienglück hätte man meiner Meinung nach viel eher durch Ereignisse aus schönen und besonderen Erinnerungen verknüpfen können. Aus diesem Fall erhebt sich demnach ebenfalls der Aspekt, das die Kapitelunterteilung mir überhaupt nicht gefallen hat. Es gab viel zu viele unnötige Unterteilungen. Die Benennungen der Kapitel war einfach nur gefühlt sinnlos aus der Thematik herausgezogen. Unter anderem füllte ein Kapitel gerade mal eineinhalb Seiten, bis durch die nächsten Situation am Essenstisch ein neues Kapitel eingeläutet wurde. Für mich etwas zu übersteuert und nicht passend. Im Verlauf der Geschichte so wie man es auch dem Klappentext entziehen kann, wird unser Protagonist gekündigt. Dies ist wohl der wichtigste Schlüsselmoment im Verlauf des Buches. Denn dieser eine Augenblick zwingt ihn zur Suche eines neuen Jobs, der sein komplett Leben und Familienglück auf den Kopf stellen soll. Ab diesem Punkt schafft es der Autor dann endlich mit seinem Werk bei mir zu punkten. Das Ab ist steil und gnadenlos, so wie erwartet und auf erschreckende Art und Weise so realitätsnah. Ich denke gerade solche Dinge gehen dann besonders unter die Haut. Man kann förmlich dabei zusehen wie der Protagonist seine Beherrschung verliert. Es entstehen Situationen in denen ich mich nicht genug fremdschämen konnte. Ich habe Mitleid, Trauer und Wut empfunden , sowie ich es wahrscheinlich als Ehefrau getan hätte. Hierbei hat der Autor wirklich Können bewiesen und absolute Spannung erzeugt, die ich leider zu Beginn nur all zu sehr vermisst habe. Zudem untermalen die Dialoge immer wieder psychologische Aspekte, die die Schwächen und Beschwerden unterstreichen sollen um uns als Leser das Gefühl zu geben, wir bewegen uns immer mehr Richtung Abgrund. Oder ging es ihm vielleicht vorher tief im Inneren schon so schlecht? War all das kitschige Gehabe gewollt übersteuert um uns auf die falsche Fährte zu führen? Solche Gedanken kamen mir durchaus im Verlauf, doch ich glaube das weiß lediglich der Autor. Der Rest ist für uns als Leser reiner Interpretationssache. Trotzdem finde ich auf die Realität bezogen, hat dieses Buch einiges zu bieten. Denn zum Schluss stelle ich mir immer noch all diese Fragen: - Wie tief kann man fallen? - Was zerstört einen Menschen letztendlich voll und ganz? - Wie unterschiedlich sich gewisse mentale und psychische Grenzen bei jedem einzelnen von uns? Diese Fragen denke ich, sollte man sich in diesem Buch ganz bewusst stellen. Denn sie lassen alles etwas objektiver wirken und weniger persönlich. Denn all dies was hier geschah, was es wirklich böswillig? Oder der reine Kontrollverlust der uns letztendlich bereuen lässt und uns am Boden zerstört zurück lässt, haben wir nicht die richtigen Menschen um uns herum. Das Ende war demnach ein reines Psychospiel das mir äußerst gut gefallen hat. Ein gelungener Abschluss nach einem eher ernüchternden Beginn. Fazit: Was für ein Buch das sich im Verlauf Gott sei Dank noch beweisen konnte. Kapitelunterteilungen so wie unnötiges in die Länge ziehen haben mir gewiss einfach nicht gefallen. Trotzdem ist dieses Werk ein Buch das ich allen Thriller Fans da draußen empfehlen möchte. Denn es trotzt nur so durch seinen furchteinflößenden Realismus und die erschreckende Entwicklung einer Familie, die eigentlich nur einen relativ normalem Schicksal entgegenblickte. Doch Vorurteile und Schubladendenken werden uns sicherlich auf ewig begleiten. Realistische Ansichten mit einem Hauch von abgedrehten Dasein. Vielleicht höhere Mächte? Das kannst nur du für dich entscheiden. Auf jeden Fall erwartet dich ein schräges Ende und ein Kampf gegen deinen eigenen Kopf. Von mir bekommt dieses Buch 3,5/5 Fledermäuse.