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Buchdoktor

Posted on 17.1.2021

Amina, Tochter indischer Einwanderer, hat nach einem traumatischen Erlebnis ihren Beruf als Fotojournalistin an den Nagel gehängt und lebt als Hochzeitsfotografin in Seattle. Ihre Karriere ist damit auf einem Tiefpunkt angelangt, u. a. weil sie unter ihrer Chefin nicht selbstständig arbeiten kann und für die Kundenakquise selbst zu sorgen hat. Aminas Eltern waren mit dem kleinen Akhil aus Indien nach New Mexico ausgewandert, Amina ist später in den USA geboren. Bereits mit Thomas Eapens Mutter gab es endlose, selten offen ausgetragene Konflikte darum, dass er eine Frau seiner Wahl geheiratet hatte und seine Ehe nicht von den Eltern arrangieren ließ. Amina kennt es von ihrer Mutter nicht anders, als dass Wünsche mit psychischem Druck und dem Aufbauen von Schuldgefühlen durchgesetzt werden. Als ihre Mutter ihr nun von ihrer Sorge um Thomas Gesundheit berichtet, kann Amina schwer beurteilen, ob sie sich wirklich sofort um die Eltern kümmern muss oder ob sie wieder einmal mit einem taktischen Manöver ihrer Mutter konfrontiert ist. Kamala Eapen wird tatsächlich gegen den ausdrücklichen Wunsch ihrer Tochter deren Besuch zur Eheanbahnung nutzen. Mit fast 30 Jahren muss Amina der Ansicht ihrer Mutter nach endgültig standesgemäß unter die Haube gebracht werden. Mira Jacob erzählt sehr ruhig, mit Rückblicken in Aminas Kindheit (1979) und Jugend (ab 1983) die Familiengeschichte der Eapens und die tragischen Geschehnisse, die die Einzelnen bis heute geprägt haben. Während Kamala krampfhaft an den heimischen Sitten festhält, reibt ihre Tochter sich wie viele Kinder indischer Einwanderer in fast tragikomischer Weise daran auf, sich nicht von ihrer Mutter verkuppeln lassen zu wollen. Seit Jhumpa Lahiris Romanen und Erzählungen ist diese spezielle Art des Familienkonflikts einem breiten Leserpublikum bekannt. So steht Mira Jacob zwar leicht im Schatten ihrer prominenten Kollegin, kann sich mit ihrem umfangreichen Erstling aber durchaus sehen lassen. Ihre Familiensaga empfehle ich Leser/innen von Familienromanen gern. Einzig Mira Jacobs Marotte, Markennamen amerikanischer Kosmetika in den Ring zu werfen, anstatt einen Duft zu beschreiben, finde ich als Europäerin ziemlich ungewöhnlich.

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