auserlesenes
Vorderösterreich im Jahr 1781: Um einer Ehe mit dem Witwer und Amtsmann Julius Lenscheider (38) zu entgehen, verschwindet die Sattlerstochter Charlotte (19) in der Nacht vor der geplanten Hochzeit überhastet aus ihrem Heimatdorf Märgen. Mit ihrem Pferd flieht sie in Richtung Norden, als die junge Frau einer Räuberbande in die Hände fällt. Für die Kriminellen soll sie im Hofgestüt Marbach spionieren, wo sie auf den noch unbekannten Dichter Friedrich Schiller trifft. Beide erwarten so einige Gefahren und Verwicklungen... „Die Gabe der Sattlerin“ ist ein historischer Roman von Ralf H. Dorweiler. Meine Meinung: Der Roman besteht aus 36 Kapiteln mit einer angenehmen Länge, die mit treffenden Zitaten eingeleitet werden. Er endet mit einem Epilog. Die Handlung spielt an verschiedenen Schauplätzen, vor allem in Württemberg, und umfasst mehrere Wochen. Einheitliche Orts- und Zeitangaben machen die Orientierung leicht. Erzählt wird fast ausschließlich abwechselnd aus der Sicht von Charlotte und der von Friedrich. Dieser Aufbau funktioniert gut. Der Schreibstil ist anschaulich, bildhaft und lebhaft. Leider sind in der Originalausgabe noch auffällig viele Fehler durchgerutscht. Charlotte ist eine interessante und sympathische Protagonistin. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr gut deutlich. Sie wirkt ein wenig naiv, was jedoch nicht ungewöhnlich für ihr Alter ist. Im Großen und Ganzen ist ihr Charakter authentisch ausgestaltet. Spannend ist es, dass auch Friedrich Schiller eine wichtige Rolle spielt. Etwas gestört hat mich allerdings, dass seine Biografie für den Roman nicht wenig zurechtgebogen wird, um zur Geschichte zu passen. Eine hilfreiche Personenübersicht erleichtert das Verständnis und weist historische Persönlichkeiten aus. Das Setting des Romans und das Handwerk eines Sattlers haben meine Neugier an der Story geweckt. Gut gefallen hat mir, dass man auf unterhaltsame Weise einiges lernen kann, zum Beispiel über die Entstehung des Stückes „Die Räuber“ und die Eigenarten von Herzog Carl Eugen. Was dabei auf Fakten und was auf Fiktion basiert, ist dem aufschlussreichen Nachwort zu entnehmen. Auf mehr als 400 Seiten hat der Roman kaum Längen. Zwischenfälle und Überraschungen machen die Geschichte kurzweilig und turbulent. Allerdings wird an mehreren Stellen etwas zu dick aufgetragen, so dass die Handlung bisweilen ein wenig realitätsfern wirkt. Das Cover passt prima zum Genre und trifft meinen Geschmack. Der Titel erschließt sich mir dagegen nicht so recht. Mein Fazit: „Die Gabe der Sattlerin“ von Ralf H. Dorweiler ist ein Roman, der zwar manchmal etwas übers Ziel hinausschießt, aber dennoch für unterhaltsame Lesestunden sorgt.