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books.with.rabenfrau

Posted on 16.1.2021

Streulicht. Die Lichter eines Industrieparks bei Nacht, angelehnt an den Frankfurter Industriepark Höchst; Neonlicht, gestreut über den Nachthimmel. Im Schatten der Streulichter wächst unsere Erzählerin auf. Das Bild des Industrieparks zieht sich als roter Faden durch den Roman, ist Teil der Familie und des Lebens der Erzählerin sowie ihres Heimatortes. Die Heldin, der Deniz Ohde in ihrem Debüt eine Stimme verleiht, bleibt selbst Namenlos. Und doch ist gerade die Identität zentrales Thema des Romans und findet sich in den feinsten Nuancen und Szenen. Was ist Identität? Ein Name? Herkunft? Oder doch mehr die gesammelten Erinnerungen und das Erlebte? Eine klare Aussage muss hier wohl jeder Leser für sich finden. Unsere namenlose Heldin wächst auf als Kind eines deutschen Arbeitervaters und einer türkischen Mutter, deren Abenteuerlust inzwischen gänzlich vom Temperament und den Anwandlungen des Ehemannes erstickt wurden. Mutter und Tochter lernen die Zeichen zu lesen, die Atmosphäre in der Luft und das Knarren des Fußbodens zu deuten um auf die Wutausbrüche des Vaters vorbereitet zu sein. Die Erzählerin lernt sich möglichst lautlos und unscheinbar zu bewegen. In der Schule bekommt sie kaum Worte heraus, wird schnell abgestempelt und bekommt nicht die Chance, ihre Worte und Sprache zu finden, gehört zu werden. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ziehen sich nicht offen und klar benannt durch den Roman. Stattdessen findet man die Ausgrenzung und Abwertung, mit der sich die Erzählerin konfrontiert sieht, in fast jeder Alltagssituation, ohne dass die beteiligten Personen es bemerken. Selbst Sophia, die beste Freundin und das komplette Gegenteil zur Erzählerin, stellt ihre oft unbedachten Äußerungen und Vorurteile nicht in Frage.

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